Das Städtische Museum Engen zeigt bis 25. Mai in seiner Sonderausstellung Sachlich – Kritisch – Magisch. Der neue Realismus um 1925“ über 80 Werke aus der einzigartigen Kunstsammlung von Frank Brabant.

Objektive Darstellung und Kritik

Die Epoche der Neuen Sachlichkeit spiegelte den Zeitgeist der 1920er-Jahre wider. Die kulturelle Bewegung, die in Deutschland entstand, war eine Reaktion auf den Expressionismus und die politischen Umwälzungen nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs. Sie umfasste alle Kunstformen – Malerei, Architektur, Fotografie oder Literatur und zeichnete sich durch eine nüchterne und realistische Darstellung der Wirklichkeit aus. Die Werke beschäftigten sich mit Themen der Weimarer Republik, mit sozialen Missständen wie Armut auf der einen und der Dekadenz der Reichen auf der anderen Seite oder mit dem Fortschrittsglauben und der damit verknüpften Skepsis. Mit unbestechlichem Blick, kritisch oder satirisch, wurde die Härte des menschlichen Miteinanders nicht ausgespart, auch Prostitution, Kriegsversehrte oder das politische Klima des aufkommenden Nationalsozialismus wurden thematisiert. Die neue Kunstrichtung fasste ohne Pathos und idealistische Illusionen die gesellschaftliche Realität ins Auge. Im Jahr 1925 erhielt sie von Gustav Friedrich Hartlaub, dem Direktor der Kunsthalle Mannheim, ihren programmatischen Titel: Die Neue Sachlichkeit.

Brüchigkeit menschlichen Seins

„Brutalität! Klarheit, die wehtut – fang die rasende Zeit ein“, forderte einer der Protagonisten, der Politkünstler George Grosz. Einen übergeordneten Stil, der die Zeit in all ihren Facetten charakterisieren würde, gab es nicht. Die explosive Vielfalt der künstlerischen Stile spiegelte die ganze Spannweite des kulturellen Aufbruchs und der individuellen Welterfahrungen wider. Dennoch gab es auch Verbindendes: Die meisten Werke zeichneten sich durch eine möglichst detailgenaue Wiedergabe der Realität aus. Neben einem strengen Bildaufbau dominierte die zeichnerische Linie das Bildgefüge, und häufig orientierte man sich an der Lasurtechnik der altmeisterlichen Malerei. Neben einschlägig bekannten Künstlern wie Otto Dix, Karl Hubbuch und Rudolf Schlichter werden Werke der Künstlerinnen Hanna Nagel, Alice Sommer und Jeanne Mammen gezeigt, deren Bedeutung erst in jüngster Zeit erkannt wurde.

Aufbruch und Rückschlag

Der brisante kulturelle Reichtum der Weimarer Jahre war ein Tanz auf dem Vulkan, der 1933 ein jähes Ende fand. Wie entwickelte sich Deutschland in diesen knappen anderthalb Jahrzehnten? Und warum kam es, trotz des fulminanten gesellschaftlichen Aufbruchs, zu einem Rückschlag, der in den Nationalsozialismus mündete? Diese Fragen behandelt eine Film-Dokumentation über die Weimarer Republik, die ausstellungsbegleitend gezeigt wird und nicht rein zufällig Parallelen zur Gegenwart aufweist.

bis 25. Mai
Städtisches Museum Engen + Galerie
Klostergasse 19
D-78234 Engen
www.museum-engen.de

Foto: Ernst Frisch, Liegende, 1928  © Thomas Kersten