Während sich in anderen Teilen der Welt riesige Regionen fast schon unfreiwillig zusammenschließen – z.B. China und Nordost-China (früher als Russland bekannt) – zersplittern sich die Regionen rund um den Bodensee zusehends mutwillig in die Marketing-Bedeutungslosigkeit. Verkehrte Welt …
Kennen New Yorker z.B. die schöne Region „Westlicher Bodensee“? Kennt man in Paris „den Thurgau“ oder „Vorarlberg“? Und in London ist der „Hegau“ eher eine Hügellandschaft der Erklärungsnot. Selbst die stolzen „Oberschwaben“ sind im spanischen Badeurlaub dann irgendwann halt doch vom Bodensee dahergeschwommen. Allen gemein ist das Rumgeeiere bei der Frage: „Wo kommen Sie denn her?“
Eine Frage, die man sich heutzutage in Deutschland schon gut überlegen muss (Stichwort: Alltagsrassismus), wird im Marketingsprech am Bodensee immer kleinteiliger beantwortet. Die „Kleinstaaterei“ feiert hier Wiederauferstehung, wie so viele eigentlich seit Jahrhunderten längst als überwunden geglaubte zivilisatorische Verhaltensweisen (Verschleierung, Abtreibung, königstreue Reichsbürger …).
Waren es früher kleingeistliche Würdenträger, die ihr Fürstentum unter überschaubarer Kontrolle halten wollten, sind es heute eher kleingeistige Politiker, die sich zuvörderst um „ihren beschränkten Wirkungskreis“ kümmern und dabei „das große Ganze“ aus den angestrengt-fokussierten Augen verlieren: den Bodensee!
Noch – liebe offensichtlich übervorsichtig-vorausschauende Verwalter & Vermarkter rund um den großen Teich – gibt es ihn aber noch, den Bodensee. Und es dauert auch noch gut 200.000 Jahre, ehe der Rhein ihn mit Alpenschutt vollends zu neuem Bauland zugeschüttet haben wird. Solange zumindest ist der Bodensee als großes Gewässer ein immerhin philosophisch einender – wenn auch physikalisch durchaus als trennend wahrgenommener Raum. Und diesen „Raum“ kann man nun (wie alle Räume übrigens) sinnvoll nutzen oder mit altem neu liebgewonnenem Trödel vollstellen, bis er als gänzlich unattraktiv dahinverstaubt. Derzeit richtet sich jeder halt irgendwie in seinem liebgewonnenen Eckchen ein. Es ist ja auch grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, ja man wünscht sich das an manchen Stellen sogar sehnlichst, dass alle erstmal vor ihrer eigenen Haustüre kehren mögen. Dabei sollte man allerdings tunlichst vermeiden, den „Nachbarn“ den Staub in die Augen – oder gleich so viel Staub aufzuwirbeln, dass man letztlich nix mehr sieht. Schon gar nicht klar.
Gehen Sie als Eingeborene*r also mit gutem Beispiel voran: Wenn Sie demnächst mal anderen wieder die Welt und vor allem ihre Herkunft erklären müssen, dann – say it loud and proud:
„Ich komme vom wunderschönen Bodensee!“
Das macht es wirklich allen viel leichter; egal übrigens wo genau Sie hier „herkommen“ …