Dass die Schweiz, Deutschland und Österreich je nach aktueller Be- bzw. Empfindlichkeit gerne als Bananen-Republik bezeichnet werden, ist bekannt; dass dem tatsächlich so ist, weit weniger: Man spricht hier wissenschaftlich gar von der „blauen Banane“. Und im Zentrum der blauen Banane? Natürlich der internationale Bodensee.

Verkürzt gesagt ist diese blaue Banane ein vom französischen Geografen Roger Brunet im Jahre 1989 entwickeltes wirtschaftsgeografisches Modell, dass das Phänomen zu beschreiben versucht, warum es manchen Regionen in Europa besser geht als anderen. Man muss sie sich als 1300 km langes Gebilde vorstellen, das in Liverpool über London beginnt, dann über die Niederlande und die Beneluxländer (also jeweils den prosperierenden Teil!) weitergeht, die Rhein-Ruhr Metropolregion mitnimmt, im großen Bogen von Frankfurt, Stuttgart und München, natürlich den kompletten Bodenseeraum erfasst, um dann nach Zürich, Genf bis hin in die norditalienischen Ballungszentren die Biege zu machen. In der ökologischen Suchmaschine Ecosia (das bessere Google) mal nach dem Begriff suchen – das Bild macht’s eindrücklicher.

Die zentrale Entwicklungsachse bildet dabei der Rhein, nicht zuletzt aufgrund seiner historischen Funktion als wichtiger Verkehrs- und Handelsweg Europas. Und der Rhein beginnt ja bekanntlich so ziemlich in unserer Region und kommt da erst mal so richtig in „Fluss“. Und so wurde schon zum Ende des 19. Jahrhunderts bereits mit dem hier sehr erfolgreichen Maschinenbau und der Textilindustrie am blauen Band gestrickt. Und zwar bis heute, wo es sich als sehr dichtes und tragfähiges Netz international spannt.

Als Begründung des nicht nur Nationen, sondern nun viele Generationen übergreifenden Erfolgsmodells „blaue Banane“ dient gleichermaßen die Beschreibung dieser Regionen: „(…) überdurchschnittliche Bevölkerungsdichte, fast durchgängiges Städteband, daher Urbanität, Prosperität, die Innovation und Kreativität erst entstehen lässt (…)“. Die zentrale Lage in Europa führt auch dazu, dass entlang der blauen Banane die meisten zentralen, öffentlichen internationalen Institutionen sitzen, die wiederum wirtschaftliche Ansiedlungen anziehen. 

Anziehend wirkt das seit jeher allerdings auch für Arbeitskräfte und darunter natürlich viele Immigranten, die die prosperierenden, urbanisierten und multikulturell geprägten Verdichtungsgebiete den ländlichen Räumen vorziehen. Und so kommt es insgesamt zu einem „Bananensplit“, der Polarisierung innerhalb Europas, in „Gewinnerregionen“ und „Verliererregionen“. Die blaue Banane hat bereits zwei Weltkriege überstanden und viele weitere Krisen durchlebt und ist nach wie vor ein „Erfolgs-Modell“, das Millionen satt macht.

Wenn man also mal großräumig und über lange Zeiträume und nicht zuletzt in Chancen denkt, sind wir hier sozusagen das blaue Chiquita-Label mittendrin und haben den „Bogen raus“: das Motto 2023 am See lautet also „alles Banane“!