Der Deutschsprachige neigt ja gerne zur Relativierung – egal ob in Deutschland, Österreich oder der Schweiz.

Nichts darf einfach mehr „so“ sein, bei allem werden hinter dem Komma – oder gar den Kommata – umgehend Relativierungen nachgeschoben. Jegliche klare Aussage ist suspekt und muss sofort im Nebensatz in Relation (herab)gesetzt werden. Die Sprache der Dichter und Denker macht uns das paradoxerweise „relativ einfach“.

Selbst der unverfängliche Klassiker des Smalltalks – über das Wetter reden – geht heute nicht mehr „ohne“: „Schön, dass heute die Sonne scheint!“ – sowas kann und darf nicht (alleine) stehen bleiben. Wenn Sie als Leser ehrlich sind: Der Relativsatz liegt Ihnen doch schon auf der schizophren gespaltenen Zunge: „Ja, aber für die Jahreszeit ist es doch viiieeel zu warm“. Und Achtung: neudeutsch muss das Klima auch beim Wetter herhalten (was viele leider immer wieder verwechseln): „Das liegt doch bestimmt an der Klimaerwärmung.“ Aha!

Der schöne Sonnentag hat sein Alleinstellungsmerkmal verloren, die Relativierung trübt nicht nur die Erinnerung ein (viel zu warm – aus meiner Erfahrung heraus), vielmehr steht der Sonnentag nun als Symbol für die Klimakatastrophe schlechthin. Verkürzt (Achtung Aussage): Wer einen Sonnentag bloß schön findet, ist ein Klimakiller!

Das geht übrigens mit allen Aussagen. Politiker und Politicalcorrectnesserwisser haben diese Kunst schon so weit getrieben, dass Aussagen ganz weggelassen werden und einfach sofort drauflosrelativiert und wird.

Die aktuelle Gegenbewegung dazu ist die Sehnsucht nach einfachen Wahrheiten, leider „zu“ einfachen. Ein Umstand, den sich Populisten zunutze machen. International. „America is great again!“ In Deutschland, der Schweiz und Österreich schreit nicht nur Trump, sondern diese Aussage geradezu nach Widerspruch, und statt Ausrufezeichen müssten hier viele, viele Kommata gesetzt werden. Thomas Mann, der deutsche Relativsatz-Weltmeister, hat manche Sätze über eine ganze Buchseite lang relativiert, das scheint hier angemessen. Doch wird damit irgendetwas klarer?

Klare Antworten sind gefragt. Diese müssen übrigens nicht mal einfach sein, aber auch nicht sofort durch eine Relativierungstirade verwässert werden. Ein Vorsatz für das nächste Jahr: Lassen Sie Dinge einfach mal so stehen und alleine wirken. Das geht. Werden Sie klarer. „Ein“deutiger.

Wenn im Januar alles wieder auf „Verzicht“ getrimmt werden wird – „kein Zucker, keine Kohlenhydrate, kein Alkohol, kein Fleisch, kein Autofahren, keine Sofagemütlichkeit, kein Wasauchimmer“ –, dann lassen Sie einfach mal das weg, was eigentlich nicht schwerfällt und wahrscheinlich auch niemand vermisst: den Relativsatz. Beginnen Sie zunächst mit dem vierten (nein wirklich, nicht alles hat mit Klima zu tun), dann lassen sie den dritten weg, und wenn Sie Spaß an dieser „relativ einfachen“ Diät gefunden haben, auch den ersten. Es heißt nicht umsonst: Stehen Sie zu Ihrem Wort. Da war weder von Worten, noch von Sätzen und schon gar nicht von Relativsätzen die Rede …