In der (Vor-)Weihnachtszeit schaut auch die Seeraum-Redaktion, was vom vergangenen Jahr noch übrig geblieben ist und was im kommenden Jahr kommt. Da gibt es Objekte, die im einen oder anderen Monat kurz nach Redaktionsschluss eröffnet wurden oder auf den Tisch gekommen sind, ein großes Thema für das nächste Jahr und Aktuelles dazwischen.

Holz zwischen Bahn und Ried

Der Bodensee ist im Sommer bei den Touristen beliebt, für Hunderttausende von Wasservögeln ist er aber im Winter interessant – als Ort zum Überwintern oder um auf dem Weg nach Afrika Station zu machen. Deshalb wurde das neue Naturschutzzentrum des NABU (früher Deutscher Bund für Vogelschutz) auch am Ende des Sommerhalbjahrs fertiggestellt und Mitte Oktober feierlich eröffnet.

In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Reichenau, nahe beim Wollmatinger Ried, stehen seitdem zwei Baukörper mit heller Holzfassade, in die der NABU mit seiner Geschäftsstelle im Oktober aus dem Bahnhof Reichenau umgezogen ist. Zusätzlich ist darin Platz für die Regionalgeschäftsstelle (bisher Überlingen), das Naturschutzzentrum von der Mettnau musste auch integriert werden. Die beiden Häuser haben zwar eine Art Flachdach, aber auf den zweiten Blick erkennt man die leichte Neigung nach Süden bzw. Osten. Und weil die beiden jeweils vier Ecken haben, aber nur einen einzigen rechten Winkel, wird dem beliebten Vorwurf „Schuhkarton-Architektur!“ vorgebeugt. Durch ihre Anordnung geht der Blick aus dem nördlichen, in dem die öffentlichen Bereiche sind, gut an dem anderen vorbei auf das Biotop und den Rest der Naturlandschaft Göldern, die durch Supermärkte schon dezimiert wurde. Hier wurde im Sommer schon ein Lehrpfad und ein Barfußweg angelegt. Zur Straße Richtung Reichenau hin ist Platz für einen dritten Bau, bei dem die Gemeinde Reichenau der Bauherr sein wird, er soll dann die Insel mit ihrer Kulturlandschaft präsentieren, die im doppelten Sinn zu verstehen ist: der Gemüseanbau („Agrikultur“) und das Weltkulturerbe.

Architekten Braun Müller, www.braun-mueller-architekten.de 

NABU Bodensee, Konstanz, www.nabu-bodenseezentrum.de

100 Jahre Bauhaus

Im Jahr 2019 werden auch wir uns mit dem Bauhaus beschäftigen, das in diesem Jahr 100 Jahre feiert, da die Kunstschule Bauhaus im April 1919 in Weimar gegründet wurde. Weil der Hafenbahnhof in Friedrichshafen das bedeutendste Baudenkmal im Bauhaus-Stil am Bodensee ist, nutzt auch das Zeppelinmuseum die Gelegenheit zu einer Ausstellung, die Ende November eröffnet wurde: „Ideal Standard. Spekulationen über ein Bauhaus heute“.

Der Bezug zum Zeppelinmuseum in Friedrichshafen ist sowohl ideell als auch politisch: Der Zeppelin-Konstrukteur Hugo Eckener war Mitglied des Deutschen Werkbundes, einer Vereinigung von modern denkenden Gestaltern und Architekten, und in den 1920er-Jahren auch für die Inneneinrichtung des Zeppelins „Hindenburg“ zuständig – und drei Monate nach der Eröffnung des Hafenbahnhofs wurde das Bauhaus Dessau von den Nazis endgültig geschlossen (1933). Stilelemente des modernistischen Bauhausdesigns wurden aber durch die „Nationalsozialisten“ vereinnahmt, wie an der originalgetreuen Rekonstruktion der Passagierräume des Luftschiffs 129 Hindenburg von 1936 im Zeppelinmuseum gut zu sehen ist.

Zeppelinmuseum, www.zeppelin-museum.de

Auf und unter dem Gotthard

Wie die Rubrik Seeraum gehen auch Architekturausstellungen gelegentlich an die Grenzen des Themas der Baukultur. So zeigt das grenzüberschreitende Architekturforum Konstanz Kreuzlingen über den Jahreswechsel eine Ausstellung über den Gotthard.

Der berühmte Passübergang in der Mitte der Schweiz ist in den letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten zu einem ganzen Komplex von Ingenieurbauten geworden, von der ersten Teufelsbrücke in der Schöllenenschlucht über die Passstraßen bis zu den Tunneln für Straße und Eisenbahn. Was weniger sichtbar und bekannt ist, sind die militärischen unterirdischen Bauten, die heute teilweise zivil genutzt werden, ein markanter Bau ist dagegen der moderne Anbau am alten Hospizgebäude. Die Ausstellung zeigt auch, welche große Bedeutung der jüngste Tunnel unter dem Pass und Massiv hat: „Der neue Gotthard-Basistunnel steht heute als Archetyp für die erfolgreiche technologische Erschliessung der Natur durch den Menschen.“

„Der Gotthard, Il Gottardo – Landschaft, Mythen, Technologie“, Turm zur Katz, Konstanz, bis 19.01., www.architekturforumKK.org

Text & Fotos: Patrick Brauns