…Saftige Früchte für die Zukunft
Auf dem Biohof Rittler trifft Tradition High-Tech: Mit computergesteuerten Maschinen und großer Sorgfalt werden aromatische Beeren in bester Qualität erzeugt. Ein Großteil davon landet im See-Züngle der Brauerei Clemens Härle in Leutkirch.
„Mama!“, sagt die kleine Marie und bringt ihrer Mutter eine Aronia-Beere. „Danke“, sagt Mama Julia und tut so, als würde sie diese essen, versucht die Beere aber verschwinden zu lassen. Denn die Apfelbeeren, so ihr deutscher Name, sind ausgesprochen herb, zum rohen Verzehr nicht gedacht. Sie geben Fruchtsaftgetränken, Aperitifs oder Gelees eine schöne Farbe, aber auch herbe und säuerliche Noten. Dazu sind sie saftig, mineralstoff- und vitaminreich, also sehr gesund.
Wir stehen am Rand eines Feldes im kleinen Ort Stoffenried bei Ulm, begucken die Sträucher mit den reifen Beeren, die jeweils in dicken Büscheln zusammenhängen. Christoph Rittler ist mit seiner Frau Julia und Tochter Marie gekommen: Marie durfte im Babysitz auf dem Trecker mitfahren, Julia kam mit dem elektrobetriebenen Golf-Car. Das nutzen sie, um die Beeren prüfen zu können, ohne jedes Mal aussteigen zu müssen.
Aufwendiger Bioanbau
Geprüft werden muss sehr oft im Biobetrieb, um bei eventuellen Schädlingen schnell reagieren zu können: Denn chemisch synthetische Pflanzenschutzmittel sind tabu. Genau wie Herbizide, das Grün zwischen den Reihen wird mechanisch entfernt. Vor allem am Rand der Beerensträucher sollen die Wildkräuter nicht hoch wachsen, damit die junge Pflanzen kräftig werden können. Also fährt Christoph mit der Rollhacke entlang, die den Boden auflockert und umwirft. „Die Kräuter verdorren dann quasi an der Sonne“, sagt Julia. Das dauere etwa eine Stunde pro Hektar und müsse jede Woche gemacht werden.
Rund 15.000 Sträucher stehen da, alleine an Aronia. Gepflanzt mit einer kleinen Pflanzmaschine: „Der Traktor vom Pflanzgerät ist GPS-gesteuert und fährt auf zwei Zentimeter genau auf das Feld“, erklärt Christoph, der zudem noch in der IT-Branche tätig ist. Die exakten Abstände sind wichtig für die mechanische Unkrautbekämpfung.
Im Innern Dunkelrot
Zur Ernte hin wird der Reifegrad stetig geprüft. „Auch wenn die Aronia-Beeren außen schwarz sind“, erklärt Christoph, „muss man das Innere anschauen – auch das soll möglichst dunkelrot sein.“ Das sind sie jetzt, Ende August, auf jeden Fall. Er kostet zusätzlich immer wieder: „Wenn sie richtig reif sind, dann schmecken sie bekömmlicher und nicht nur herb.“ Zu guter Letzt schaut er, wie leicht sich die Früchte vom Strauch lösen lassen.
„Wir legen besonderen Wert auf gut ausgereifte Früchte – gerade für das See-Züngle“, sagt Christoph. Seine Aronia-Beeren haben nämlich die Ehre, in der Brauerei Clemens Härle in Leutkirch zu landen, wo mit dem Saft ein fruchtiges Erfrischungsgetränk hergestellt wird. Über den zuverlässigen Abnehmer, der zudem noch fair bezahlt, ist er sehr froh.
Auch den Anstoß zum Anbau der Aronia gab das Team der Brauerei Clemens Härle, geführt von Gottfried Härle und seiner Geschäftspartnerin Esther Straub. Im Sortiment waren bereits Kirsch-, Birnen- und das „Träuble“-Züngle mit Johannisbeeren, dann kam Rhabarber und im Mai 2021 die Apfelbeere. Ein ungewöhnliches Produkt für die Brauer, die sich zunächst einmal herantasten mussten. Denn zugrunde liegt auch beim See-Züngle ein Sud, gebraut in der kupfernen Sudpfanne. Wer mag, kann die sieben Arbeitsschritte auf der Homepage nachlesen oder sich bei einer Brauerei-Führung erklären lassen.
Zunächst in die Kelter
See-Züngle also, ein innovatives Produkt der Traditionsbrauerei. Kein Nischenprodukt mehr, rund 30 Prozent des Umsatzes generiert diese alkoholfreie Sparte, den Rest schaffen die 15 Sorten Bier. Bis zur Abfüllung des See-Züngles in Leutkirch ist es allerdings noch ein weiter Weg. Denn Christoph Rittler liefert in die Kelterei Daniel Stiefel in Ravensburg, wo die Früchte binnen 24 Stunden verarbeitet werden müssen. Auch die Kelterei ist ein traditionsreicher Familienbetrieb, laut eigenen Angaben die älteste Fruchtsaftkelterei Oberschwabens. „Meine Verantwortung reicht bis vor die Tür der Kelter“, sagt Christoph, dann ist es der Job des Kelterei-Chefs. Mit ihm muss er sich genau abstimmen, damit das Timing passt. Apropos Timing: Die Aronia-Beere passt perfekt zu seinem Biohof, der auf rote und schwarze Johannisbeeren spezialisiert ist. Dazu kommt nun die Aronia-Beeren, mit der Ernte Ende August.
Zurück in Stoffenried, vorbei an der hübschen Kirche und dem Dorfteich, zurück auf dem Hof. Die alte Scheune wurde mit Solarpaneelen bestückt: Tradition trifft High-Tech. Nur so wird es in Zukunft wohl gehen.
Attraktiv auch für Bienen
Das wilde Grün zwischen den Reihen, ergänzt durch spezielle Klee-Einsaaten, zieht Bestäuber aller Arten an: Hummeln und Mauerbienen, Wild- und Honigbienen. Zusätzlich bringt ein Biolandimker seine Bienenstöcke, wenn die Johannisbeeren blühen. Die Aronia wird auch durch den Wind bestäubt, erklärt Christoph Rittler. Die Apfelbeere, die ursprünglich aus Sibirien stammt, macht insgesamt Freude: Sie ist widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge als die Johannisbeere. Im Mai blüht sie herrlich weiß, im Herbst färben sich die Blätter schön rot, bevor sie abfallen. „Ein Aroniafeld ist also auch etwas fürs Auge“, so Rittler.
Biobrauerei Härle
Hier kommt die Aronia Beere in die Limonade.
Brauerei Clemens Härle, D-88299 Leutkirch
Tröpfel GmbH
Auch der alkoholfreie „Tröpfel“, Aperitif der Tröpfel GmbH in CH-8265 Mammern, wird teils mit Aronia-Beeren hergestellt. Die Früchte, ebenso wie die namensgebenden Trauben und Äpfel, kommen zu 100% aus der Schweiz.