Medien sind bekanntlich an vielem schuld: sogar an der Gründung der Bodenseeschifffahrt.

So bequatschte der Stuttgarter Zeitungs- und Buch-Verleger Cotta den württembergischen König Wilhelm vor gut 200 Jahren mit der Idee einer modernen Schiffsverbindung auf dem See und im November 1824 wurde das offiziell erste Dampfschiff in Linien-Dienst gestellt. Die „Wilhelm“ war 32 Meter lang, fasste 124 Personen und fuhr völkerverständigend die Strecke Friedrichshafen-Rorschach-Romanshorn.

Damit begann eine jahrhundertelange Erfolgsgeschichte, die mit vielen turbulenten Wellenbewegungen, auch über zwei Weltkriege, bis heute anhält: Denn auf der idyllischen Pfütze schippert die größte europäische Binnenflotte, die überdies aus vier großen und mehreren kleinen, traditionsreichen Schiffsbetriebsgesellschaften, von Schaffhausen bis Bregenz, besteht. Und noch heute bedient das deutsch-schweizerische Flotten-Jointventure aus BSB und SBS als Novum gemeinsam diese erste Strecke quer über den See gleich mehrmals täglich, überdies mit den größten Bodenseefähren.

Kein Wunder also muss man in den kommenden Wochen Romanshorn besonders im Bullauge haben: Denn das traditionelle Hafenfest des größten Hafens am See wird als 200-Jahres-Auftakt gewertet, wobei nur wenig später die internationale Flottensternfahrt ebenfalls hier unter diesem Vorzeichen stattfinden wird. Und dann wird auch noch das alte Dampfschiff Säntis aus seinem nassen Schiffsgrab aus 210 Metern Tiefe geborgen (mehr dazu in dieser Ausgabe). Damals hatte man die Schiffe kurzerhand versenkt, weil es günstiger war als schrottrecyclen. Dass die Säntis (und unweit davon auch die Helvetia) allerdings gleich an einer der tiefsten Stellen versenkt worden ist, bereitet heute Silvan Paganini, dem Projektleiter der Bergung, erhebliches Kopfzerbrechen – und könnte im Verlauf der Hebung auch zum Zerbrechen des historischen Schiffswracks führen. Doch wenn alles klappt, erblickt das zweite Dampfschiff am See, neben des schön restaurierten Schaufelraddampfers MS Hohentwiel, wieder das Licht der Welt und soll als historisches Wrack konserviert und ausgestellt in Bälde bestaunt werden können – erraten, in Romanshorn. 

Dass ein weiteres medienwirksames Großereignis leider ausbleibt, ist indes dem modernen Zeitgeist geschuldet. In den Köpfen der See-Admiräle bildete sich zur 200-Jahres-Jubelfeier nämlich das Bild einer majestätisch beflaggten Flottenparade möglichst aller Schiffe – doch es bleibt bei der bloßen Vorstellung. Leider! Zu aufwendig, vor allem weil – „kein Personal“.

„Fachkräftemangel“ bestimmt auch das Bild der ausgedünnteren Fahrpläne rund um den See.

„Arbeiten, wo andere Urlaub machen“, mag hip sein, aber „genau da“ wo und vor allem – „wenn“ andere Urlaub machen indes eher nicht mehr. Tourismusdienstleister auf See und an Land haben ja blöderweise genau dann geöffnet, wenn viele Freizeit haben – also auch spätabends, sonn- und feiertags und – klar! – in Urlaubszeiten.

Dazu erschweren steigende Energie- und Unterhaltkosten den Betrieb, neue Antriebskonzepte bleiben am Horizont nebulös: elektrisch, mit Gas, E-Fuels, Wasserstoff oder Galeerenmodus – es bleibt spannend. Der See wird jedenfalls rauer, Kurshalten in Zukunft herausfordernder – die nächsten 200 Jahre bleiben spannend …   

Beitragsbild: (c) Mirjam Schultheiß