Autobahn, Eisenbahn – Bummelwahn!
Entschleunigung am See hüben und drüben:
Das von mir an dieser Stelle böserweise schon immer so bezeichnete „Jahrhundertbauwerk Autobahn von Konstanz nach Stuttgart“ ist nun letztlich amtlich auch eins. Das letzte winzig kleine Teilstückchen vor Konstanz wird doch tatsächlich in den 2030ern endlich finalisiert, vermeldet eine „Hurra-Meldung“ erst jüngst. Nur 100 Jahre vom ersten Plan bis zur Vielleichtdochnoch-Umsetzung?!
Und auch die Bahn kommt. Halt langsaaaaaam: Denn der Ausbau der Bodensee-Gürtelbahn zwischen Friedrichshafen und Radolfzell hat sich mal eben verdoppelteuert auf 560 Mio. Euro und zieht sich sicher ebenfalls in die 2030er hin.
Immerhin die Autobahn Lindau München, die übrigens zeitgleich mit Stuttgart-Konstanz in den 30er- Jahren des vorherigen Jahrhunderts geplant wurde, ist schon etwas länger fertig. Wollen wir also mal nicht kleinlich sein.
Was in China vermutlich in keinen zehn Jahren doppelstöckig-gesamtuntertunnelt längst umgesetzt wäre, braucht in einem der am dichtest besiedelten Räume Europas (ja: das ist der Bodensee!) halt einfach etwas mehr Zeit und Geld, wie sonst wo in Deutschland.
Vergleichbare Strecken am See, sowohl was Autobahn- als auch Eisenbahn-Kilometer anbelangt sind in der Schweiz und Vorarlberg übrigens längst erledigt. Hier schraubt man eher am Feintuning weiter und wundert sich über die „deutsche Gemütlichkeit“.
Denn eigentlich ist die Bodensee-Gürtelbahn ein Konstrukt von 1900, als sich der Eisenbahnring um den See schloss. Modern ausgebaut, möglichst zweigleisig und – klar mit teilweise Untertunnelungen – könnte es endlich zu einem weiteren Zu(g)kunfts-Konzept führen: Der Bodensee-S-Bahn, die im Halbstundentakt rund herum führe. Schon heute schafft man die Strecke Romanshorn-Konstanz in 20 Minuten – mit nix geht’s übrigens schneller.
Was für eine Aussicht, wenn‘s denn nur überall am See so gut funktionierte?!
Apropos schöne Aussicht: dass die Schienen alle direkt am idyllischen See-Ufer liegen und Städte vom See abschneiden und auch landschaftlich nicht immer verträglich sind, ist für alle eher nachteilig, für die Zugfahrenden selbst indes ein großer Vorteil: ÖPNV als Öffentlicher Panorama Nahverkehr!
Während man in anderen Metropolen durch muffige Röhren geschoben wird, fährt es sich in der GROSS-STADT BODENSEE mit unverbautem Weitblick.
Ein bisschen „mehr Weitblick“ wünschte sich wohl auch die Internationale Bodensee Konferenz. Das Politbüro des großen Teichs, in denen sich die die Regierungschefs der Anrainerländer organisieren, hat doch die Initiative Bodan-Rail 2040 bei der diesjährigen Tagung fast unbemerkt (aber ich see alles!) in BODANRAIL 2045 umgetauft. „Der öffentliche Verkehr (ÖV) auf der Schiene soll damit für die Fahrgäste attraktiver werden mit kürzeren Reisezeiten, mehr Direktverbindungen und besser abgestimmten Anschlüssen“, so das Wunschdenken für nun schon 2045. Bahnbrechen(d)!
