Die Schweiz stimmt wieder mal über ihre Position in der EU ab. „Begrenzungsinitiative“ heißt der SVP-Vorstoß – und in der Tat: er ist grenzwertig … 

Erneut treibt die Schweizerische Volkspartei des Medienmoguls Christoph Blocher die populistische Angst vor Überfremdung voran. Wenn die Schweizer am 27. September darüber abstimmen, die Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit abzulehnen oder anzunehmen, geht es der SVP darum, dass die Schweiz die Einwanderung aus der EU wieder stärker selbst steuern soll.

„Selbstbestimmung“ klingt per se ja nie schlecht. Ein Staat sollte vieles selbst bestimmen können. Außer natürlich: Wenn sich Staaten gemeinsam verpflichten, Teile der Souveränität aufzugeben, im Sinne eines größeren gemeinsamen Gedankens, von dem schließlich alle profitieren. Wenn aber nun die bilateral mit der EU ausgehandelte (und für alle EU-Staaten verpflichtende) Personenfreizügigkeit von der Schweiz „begrenzt“ wird, entfallen damit alle anderen wesentlichen Absprachen mit der EU automatisch ebenfalls. Und darauf legt es die Initiative letztlich an. Denn der materielle Kern des europäischen Wirtschaftsraumes ist u.a. die Freizügigkeit von Geld, Dienstleistungen, Waren und – ausdrücklich! – Personen.

Geschickt schaffen es die „Begrenzer“, den „Blick“ einzugrenzen – zum Beispiel auf das vor allem an unseren Drei-Länder-Ufern wahrzunehmende, offensichtliche Missverhältnis in Gastronomie und Handel. Doch wenn man den Blick etwas weiter richtet: Wie viele Immobilien werden am deutschen Ufer mit starkem Schweizer Franken als Geldanlage gekauft, was die Preise hoch- und Familien, die sich dies nicht mehr leisten können, ins Hinterland treibt? Wie viele Schweizer Bauern pachten mit starkem Franken deutsche Äcker zu Expansionszwecken den deutschen Landwirten vor der Nase weg? Der größte Handelspartner der Schweiz ist Baden-Württemberg – was ist gegen dieses Gesamthandelsvolumen schon der gesamte Handel an der Grenze? Wie will man die Gesamtwirtschaft gegen das Problem einzelner „Wirtschaften“ an der Grenze aufwiegen?

Blocher hat seine Milliarden nicht nur in der Schweiz verdient. Genauso wenig wie etwa Peter Spuhler, der mit seinen Zügen und Waggons von Stadler Rail halb Europa beliefert und dabei – zurecht! – regelmäßig deutsche und französische Konzerne aussticht. Der Umsatz dieser einzelnen Firma dürfte sicherlich den gesamten Händler- und Gastronomieumsatz etwa von Konstanz gegenüber den Thurgauer Gastronomen und Detaillisten bei Weitem übertreffen. 

Was die Begrenzungsinitiative geschickt – oder plump, je nach Sichtweise! – macht, ist in der Tat die Perspektive zu begrenzen. Und das ist wahrhaftig „beschränkt“ … 

Markus Hotz, Herausgeber akzent

Markus Hotz, Herausgeber akzent
Markus Hotz, Herausgeber akzent

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