Die Universität St.Gallen (HSG) hat vor allem den Ruf einer prestigeträchtigen Wirtschaftsuniversität. Weniger bekannt ist hingegen, dass die Uni ein ganz besonderer Ort für Kunst ist. Zur Überraschung vieler Besucher*innen und angehenden Studierenden befindet sich Weltkunst an und in den Bauten der HSG, die mit Blick auf Anzahl und Qualität der hier versammelten Werke mit jedem Museum mithalten kann.
Die Kunstwerke der Universität St. Gallen werden aber nicht in Ausstellungsräumen zur Schau gestellt, ihre Präsentation findet vielmehr im öffentlichen Raum statt. Sie sind in die Architektur integriert und so Teil des universitären Alltags. Kunst ist in der HSG allgegenwärtig, man trifft auf sie überall auf dem Campus. Vielfach wurden die Werke von den Künstlern eigens für den speziellen Ort geschaffen, an dem sie zu sehen sind, und gehen mit ihm eine Symbiose ein. Der Dialog von Kunst und Architektur zieht sich durch alle Gebäudekomplexe und deren Umgebung. Wer die Universität besucht, begegnet Werken einiger der berühmtesten Künstler des 20. Jahrhunderts. Die Sammlung der HSG umfasst Werke von Hans Arp, Georges Braque, Carl Burckhardt, Alexander Calder, Tony Cragg, Hans Josephsohn, Gerhard Richter, Pierre Soulage, Antoni Tàpies oder Martin Disler, um nur einige der bekannten Namen zu nennen.
Dialog von Kunst und Architektur
Nähert man sich der Universität, bietet bereits die Parklandschaft mit alten prachtvollen Bäumen auf dem leicht ansteigenden Gelände der Hochschule, die 1963 eingeweiht wurde, Raum für Kunst sowie immer wieder überraschende Durch- und Einblicke. So schiebt sich beispielsweise mit der Aluminiumplastik von Umberto Mastroianni an der Westfassade des Hauptgebäudes ein wildes Knäuel farbigen Metalls ins Blickfeld. Auch in den Innenräumen der Bauten begegnet man Kunst auf Schritt und Tritt. In der Eingangshalle glänzt ein rund 30 Meter langes Keramikfries von Joan Miró und dem Keramiker Josep Llorens Artigas. Etwas weiter im Treppenhaus auf dem Weg zum Lesesaal ist unter einem quadratischen Oberlicht ein idealer Platz für die „Stehende“ von Alberto Giacometti. An ungewohntem Ort hingegen, in der Sporthalle, prangt an einer großen Betonwand das monumental auf Leinwand gebannte „Red Self-Portrait“ von Yan Pei-Ming. Große Aufmerksamkeit bei den Studierenden erzielen die Video-Installationen von Roman Signer, an denen kaum jemand achtlos vorbeigeht. Wie selbstverständlich und ohne Hinweisschilder will sich Kunst hier nicht aufdrängen, sondern ist Teil.
Von Anfang an wurden in St. Gallen internationale und regionale Kunstschaffende eingeladen, ihre Kunst-am-Bau-Projekte in der HSG zu realisieren. Dieser Tradition folgt die aktuelle Kunstkommission weiterhin. Deren Präsidentin, Prof. Dr. Yvette Sánchez, ist bestrebt, Kunstwerke, die in neuen Gebäudeteilen hinzukommen, nie museal in Szene zu setzen. Die imposante Kunstsammlung wächst beständig und zeigt eindrücklich, welch hohen Stellenwert die Kulturwissenschaft an der Business School einnimmt. So müssen alle Studierenden 25 Prozent ihrer Credits in einem Kulturfach erlangen. Ziel der Hochschule ist es, nicht reines Spezialistentum zu fördern, sondern über die Auseinandersetzung mit Kunst auch ethische Werte zu vermitteln.
Universität St.Gallen
Dufourstrasse 50
CH-9000 St.Gallen
www.unisg.ch
Die Kunst am Bau der Universität St. Gallen ist auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Regelmäßig werden Führungen angeboten. Anfragen zu Kunstführungen unter kommunikation@unisg.ch. Nähere Informationen hierzu auch auf der Website der Uni (www.unisg.ch), die zudem Aufzeichnungen bietet von Gesprächen mit Künstler*innen über deren Werke an der HSG, ihre Arbeiten und ihre Vorstellung von Kunst.
Text: Stefanie Göttlich
Beitragsbild: Yan Pei-Ming, „Red Self-Portrait“, 2007, Öl auf Leinwand, 350 x 350 cm | (c) Universität St.Gallen (HSG)