Corona beschleunigt Entwicklungen. In die eine und leider auch in die andere Richtung. Wer einmal eine starke Krankheit am eigenen Leib erfahren und sie mit allen Neben- und Nachwirkungen durchgestanden hat, weiß, dass man hinterher gesundheitlich gefestigter daraus hervorgeht.
Auf dem Weg der allgemeinen Besserung (auf dem wir uns derzeit übrigens alle befinden!) tut jede mühsame Rückeroberung der Normalität gut. Wie bei jedem heftigen Krankheitsverlauf holt man sich Stück für Stück seines Alltags zurück: Erst kleine Schritte im nahen Umfeld, später wird der Bewegungsradius zunehmend größer. Das Interesse richtet sich vom schockartig erzwungenen, teils angstvoll erlebten Ich-Zentriertsein wieder der weiteren Umgebung und den jeweils anderen zu. Parallel lernt man Dinge, die früher vollkommen selbstverständlich waren, viel mehr zu schätzen, man freut sich über Kleinigkeiten, wird sogar achtsamer. Und klar: Man schwört sich natürlich, dies oder jenes endlich zu tun (oder zu lassen).
Im kollektiven Erleben einer internationalen, bislang so selbstverständlich welt- und grenzoffenen Region bekommt das Geschehen eine noch gewaltigere Dimension. Neben der realen Bedrohung für einen selbst spürt man ein solidarisches Gemeinschaftsgefühl: Man ist nicht allein, es geht vielen so –
hier in der Region und in der ganzen Welt. Und die Zuversicht wird zur Erkenntnis: Gemeinsam stehen wir diese Krankheit durch. Und zwar nur gemeinsam.
Und was bleibt? Homeoffice, Händewaschen, die Scheu vor Türklinken, ein Paradigmenwechsel im Gesundheitssystem, eine Neupositionierung in globalisierten Abläufen, die Rückbesinnung auf Familie und gute Freunde. Solche Entwicklungen werden ebenso beschleunigt wie Transformationsprozesse in der Automobilindustrie oder dem Handel. Wer vor Corona keinen Onlinehandel betrieb, keine vernünftige Internetpräsenz hatte, hat dies meist bereut und beschleunigt weiterentwickelt. Wir übrigens auch.
Und wer immer von einer vollkommen digitalen Zukunft geträumt hat, musste nun brachial feststellen, dass ein Leben ohne persönliche Erlebnisse, ohne Beratung und Dienstleistung von Mensch zu Mensch, ohne reale Kultur- und Gemeinschaftserlebnisse, ohne Gast(!)ronomie und Reisemöglichkeit ein Albtraum ist.
Lassen Sie uns darum ab dieser Ausgabe gemeinsam neue Akzente setzen, in der besten Region, die man sich nur wünschen kann. Wo sonst möchte man derzeit sein, wenn nicht hier? Und wenn viele andere das auch gerne möchten, ist das doch nur zu verständlich, oder?
Seien Sie also einfach etwas gastfreundlicher als sonst, etwas achtsamer mit sich selbst, etwas dankbarer den regionalen und nationalen Politikern, die in D-A-CH einen doch insgesamt super Job gemacht haben – und entdecken Sie sie bewusst neu: Ihre Großstadt Bodensee.
MARKUS HOTZ, HERAUSGEBER

akzent Juli 2020 „Coronalysator“ | zur Übersicht über alle bisherigen Intros hier klicken