Die Grenzen werden wieder spürbarer rund um den See: emotional und finanziell.
Die Nachricht des Schweizer Finanzministeriums, den Steuerfreibetrag für einen Einkauf „ennet der Grenze“ ist in erster Linie eine schlechte für die Einzelhändler im Landkreis Konstanz und in Vorarlberg. Sie profitieren traditionell stark von den Schweizer Einkaufstouristen, die gern und viel in den unmittelbaren Grenzregionen einkaufen.
Mit der Neuregelung will die Schweiz mehr Kaufkraft im Land halten und den Schweizer Einzelhandel stärken – Hauptargument: „Steuergerechtigkeit“ – und nebenbei dem Einkaufstourismus entgegenwirken. Dabei „sind die Einkaufstouristen die wahren Kämpfer gegen die Hochpreisinsel Schweiz“, wie die nicht gerade unpatriotische NZZ im November 2023, anlässlich der Gesetzesankündigung feststellte, die übrigens auf Initiative der Kantone St. Gallen und Thurgau entstanden ist.
Nach wie vor zahlen Schweizer die höchsten Preise in ganz Europa; im Schnitt satte 85% mehr für Waren und Dienstleistungen. Von der Politik kommt dagegen keine wirkliche Abhilfe, sondern nur weiterer Protektionismus. Marktabschottung mal zugunsten der Bauern, der Handwerker, nun eben der grenznahen Händler. Dabei ist das wahre Übel der «Preisaufschlag Schweiz»; Produzenten verrechnen ihn, weil der Wettbewerb zu wenig hart ist, weil die Politik hohe Schutzmauern an der Grenze errichtet hat – oder weil sie es schlicht können. Importeure – zumeist Schweizer – schlagen ordentlich drauf und nutzen ihr „Quasimonopol“ gegenüber der eigenen Bevölkerung aus. Viele international (hergestellte) Produkte sind doppelt so teuer, als im Rest Europas: obschon mit harter Schweizer Währung eigentlich günstiger eingekauft werden müsste. Viele Konsumenten in der Grenzregion fragen sich, warum sie für dieselben Güter viel mehr bezahlen sollen als die Nachbarn in Baden-Württemberg oder Vorarlberg?!
Dabei gibt es in der Schweiz bereits seit 1972 den „Preisüberwacher“, eine staatlich eingerichtete Beschwerde und Exekutiv-Stelle und reale Kult-Person. Doch nicht er, sondern eine Fair-Preis-Initiative verhinderte etwa das Geoblocking gesetzlich (seit 2022). Seither sehen Schweizer auch die internationalen Internetpreise und können zu diesen einkaufen. Zumindest theoretisch. Real gibt’s immer noch ein großes Gefälle. Und das ist zumeist: selbstverschuldet.
Derzeit sehen wir an allen Grenzen rund um den großen Teich zunehmend protektionistische Symbol-Handlungen: die Schweizer erschweren den Einkaufstourismus, die Deutschen kontrollieren die Grenzen stärker und überall werden nationalistische Töne wieder lauter.
Dabei sind wir gerade an der Grenze stärker denn je von einem gut funktionierenden, fairen Austausch angewiesen. Der hat uns jahrzehntelang mehr Wohlstand gesichert und uns auch kulturell „bereichert“. Wenn Deutschland, Österreich oder Schweiz alleine jeweils „first“ sein sollen, verlieren letztlich alle rundherum …

Markus Hotz,
Herausgeber
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Beitragsbild: (c) Mirjam Schultheiß