Christof Metzler ist Kinder- und Jugendarzt in Langenargen. Zudem betreibt der 60-Jährige seit gut zehn Jahren seinen erfolgreichen YouTube-Kanal „Der Kinderarzt vom Bodensee“ mit fast 27.000 Abonnenten. Hier stellt er Eltern in über 120 Erklärvideos Wissen zu Themen rund um die gesunde Entwicklung und um Krankheiten von Kindern zur Verfügung. Im Interview erklärt er, warum er das macht, was sein Ziel ist und was die brennendsten Fragen der Eltern sind.
akzent: Was hat Sie auf die Idee gebracht, einen YouTube-Kanal zu betreiben?
Christof Metzler: Ein Auslöser war, dass irgendwann die Eltern in die Praxis kamen und schon wussten, was ihr Kind hat, weil sie sich schon bei Dr. Google schlau gemacht hatten. Die Regel war aber, dass sie nicht gut informiert, sondern verunsichert, verängstigt oder falsch informiert waren. Das Internet wurde so eine Zeit lang zu meinem Feind.
akzent: Und dennoch nutzen Sie es heute selbst …
Christof Metzler: Ich habe mich an einen Spruch aus dem Lateinunterricht erinnert, der das Leitprinzip der Römer war: Wen du nicht zum Feind haben willst, den mache dir zum Freund. Und so habe ich mich entschlossen, den Eltern aus meiner Praxis, wenn sie schon im Internet recherchieren, wenigstens eine gute Seite zu bieten. Anfangs habe ich ihnen eine alphabetische Inhaltsangabe meines Kanals in die Hand gedrückt, wo sie nachschauen konnten, wenn ihr Kind beispielsweise Bauchweh hatte oder Fieber oder wenn es um Impfungen ging. Heute habe ich fast 27.000 Follower.
akzent: Warum ist es Ihnen wichtig, sich mit so großer Reichweite mitzuteilen?
Christof Metzler: Ich möchte den Kindern und ihren Eltern Gutes tun, durch meine jahrzehntelange Erfahrung und die Vermittlung von Basiswissen und der Beantwortung der wichtigsten Fragen, die mir die Eltern täglich in der Praxis stellen. Es hat sich Wesentliches verändert in unserer Gesellschaft, unter anderem durch den Verlust der Großfamilie, die früher Sicherheit und Unterstützung gegeben hat. Heute sind Eltern – vor allem die Mütter – in der Regel mit der Verantwortung allein.
akzent: Gibt es heutzutage noch richtig gefährliche Krankheiten für Kinder?
Christof Metzler: Ja, dazu zählt die Meningokokken Typ B-Erkrankung. Es gibt zwar bereits eine Impfung dagegen, aber die ist (im Gegensatz zur Typ-C-Impfung) in Deutschland noch nicht von der Stiko empfohlen. Das ist schade. In Österreich, England, Frankreich, Italien ist sie eine der Standardimpfungen. Allein ich habe in den vergangenen drei Jahren zwei Kinder mit der Erkrankung erleben müssen. Eines davon starb mir innerhalb von 24 Stunden unter den Händen weg. Jeder, der möchte, kann sein Kind auf Wunsch gegen Meningokokken Typ B impfen lassen und somit wirksam schützen. Die meisten Krankenkassen übernehmen die Impfung auf Anfrage schon heute.
akzent: Was ist Ihr großes Ziel?
Christof Metzler: Den Eltern Angst zu nehmen. Der Begriff Angst steht über allem – Angst, zu spät zu kommen, Angst, das Falsche zu machen, Angst, etwas zu übersehen und sich später Vorwürfe zu machen. Ein weiteres Ziel ist es, dazu beizutragen, dass es einen verpflichtenden Elternführerschein geben wird, der den Eltern von Anfang an Kompetenz und Sicherheit durch Wissen vermittelt. Das würde viele grundsätzliche Fehler vermeiden und für eine bessere Eltern-Kind-Bindung sorgen, die durch Überforderung in der ersten Zeit oft gestört wird.
akzent: Welches sind die wichtigsten Fragen gerade in der ersten Zeit?
Christof Metzler: Babys schreien anfangs häufig, weil ihr Verdauungssystem noch nicht vollständig reif ist. Sie haben deswegen Beschwerden. Es braucht etwa zwölf Wochen, bis es sich eingespielt hat. Dafür gibt es keinen medizinischen Beweis, das sind Beobachtungen aus der Praxis. Deshalb ist das am häufigsten geklickte Video „Das optimierte Bäuerchen“, denn die verzweifelten Eltern wollen wissen, warum ihr Kind schreit. Die Luft spielt eine gewisse Rolle dabei, ist aber nicht die alleinige Ursache. Es ist von größter Bedeutung, den Eltern das Wissen zu vermitteln, was die Unruhe ihres Kindes auslöst, und ihnen dadurch die nötige Ruhe und das Vertrauen zu geben.
akzent: Welches ist die wichtigste Frage, die Eltern dem Kinderarzt stellen können?
Christof Metzler: Wäre mein Kind Ihr Kind, wie würden Sie es jetzt behandeln?

www.kinderarztvombodensee.de – hier ist auch der Link zum YouTube-Kanal zu finden
Die Bücher des Kinderarztes vom Bodensee sind zertifiziert von der Stiftung Gesundheit und auch als Hörbücher erschienen: „Mein Kind im ersten Lebensjahr“, „Mein Kind im 2. bis 7. Lebensjahr“. Ganz neu ist das Buch „Der Kinderarzt vom Bodensee“ mit den 40 meistgeklickten Kapiteln zum Nachlesen.
Text: Susi Donner
Beitragsbild: (c) Christof Metzler