Alle Welt redet vom Plastikmüll. Die Schwestern Lisa-Maria und Anna-Sophia Beck aus Liechtenstein machen nicht nur was dagegen, sondern auch damit. Mit ihrer Idee, Bekleidung aus recyceltem Plastikmüll auf den Markt zu bringen, haben sie offenbar voll in Schwarze getroffen: Über 45.000 Follower auf Instagram, ausverkaufte Größen nur wenige Tage nach der Präsentation der Fitnesskollektion – und das, obwohl kein Teil davon unter 100 Euro zu haben ist. Die Bikini-Sets von Lanasia – so der Name des Damenmode-Labels – schlagen gar mit rund 180 bis 250 Euro zu Buche. Was machen die beiden anders?
„Uns liegt am Herzen, einen eigenen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten“, erklärt Lisa-Maria (24) die Idee hinter Lanasia. Doch der persönliche Verzicht auf Fleisch und ein so weit wie möglich plastikfreies Leben war ihnen nicht genug. Vor allem der Plastikmüll in den Meeren beschäftigte sie. Laut der Umweltorganisation WWF schwappen jede Minute rund 15 Tonnen Plastik in die Ozeane. Vermeiden ist das Eine – etwas daraus machen das Andere. So entstand im März 2018 die Idee, aus diesem Plastikmüll eine Modekollektion zu fertigen. Ihre wie sie sagen „stilsichere Mama“ habe ihnen schon als Kinder viel über Mode beigebracht. Das hatte Lisa-Maria und Anna-Sophia zunächst dazu inspiriert vor fünf Jahren einen Fashion-Blog ins Leben zu rufen. Mehr als 10 000 Leser im Monat folgten ihnen zuletzt. Die meisten davon sind jetzt auch auf Instagram dabei, wenn „Lanasia“ die neuesten Designs präsentieren und als Models mit ihrer selbst entworfenen Mode vor der Kamera stehen.
Start-Up statt Master
Neben der Liebe zur Mode durch die Mama, kam von Seiten des Vaters der Unternehmergeist hinzu. „Ich habe bereits während meines Studiums in einigen Start-Ups gearbeitet. Als ich meinen Bachelor gerade fertig gemacht habe, war mir klar, dass ich unbedingt etwas Eigenes gründen möchte anstatt weiter zu studieren – lieber Start-Up statt Master“, so Lisa-Maria. Mit ihrem Wissen aus dem Marketing-Studium an der International School of Management in München bringt sie auch beste Voraussetzungen mit. Ihre zwei Jahre jüngere Schwester Anna-Sophia, die an der EAM Eventmanagement studiert und derzeit an ihrer Bachelor-Thesis schreibt, konnte sie auch mit ins Boot holen. „Wir haben einen detaillierten Businessplan ausgearbeitet und unserem Vater vorgelegt“, so Lisa-Maria. Helmuth Julius Beck, erfahrener Unternehmer, der bereits mehrere Aktiengesellschaften gegründet hat, war schnell von der Idee seiner Töchter überzeugt und stellte Startkapital bereit. Im Juli 2018 wurde dann die Lanasia AG gegründet mit Lisa-Maria und Anna-Sophia als Vorstand und Helmuth Beck als Aufsichtsratsvorsitzenden. Lisa-Maria fungiert als strategischer Kopf, kümmert sich um Logistik und die Vermarktungsaktivitäten. Anna-Sophia ist das kreative Pendant: sie entwirft die Kollektionen, die sie zunächst klassisch auf Papier zeichnet. Später folgen in Zusammenarbeit mit den Produzenten die technischen Zeichnungen, aus denen die ersten Prototypen entstehen. Zudem kümmert sich die jüngere von beiden um die Kampagnenplanung und die Eventgestaltung.
Dass der Businessplan der Schwestern Hand und Fuß hat, zeigt sich auch im Tempo, das Lanasia an den Tag legt: nicht mal ein Jahr nach der ersten Idee ging im Februar 2019 der Online-Shop mit der ersten Bademode-Kollektion an den Start. Es folgte eine stylische Sommermode-Kollektion, die die Eleganz, Weiblichkeit und das Modebewusstsein von Lanasia zeigen soll sowie eine Herbst-/ Winter-Kollektion, inspiriert durch die Natur mit bunten Tweeds als Markenzeichen. Im Frühjahr 2020 wurde die erste Fitnesskollektion, gemeinsam mit den Gründerinnen Linda und Kaya des Boutique Fitness-Studios BodyMethod, gelauncht. Bereits nach wenigen Tagen waren die ersten Größen ausverkauft. „Das hätten wir nicht erwartet“, freut sich Lisa-Maria.
Die Umweltbilanz
Basis für die Kollektionen von Lanasia sind Stoffe, die in Italien aus Plastikmüll hergestellt werden, oder Mischgewebe aus diesem recyceltem Nylon und portugiesischer Bio-Baumwolle. Projekte wie etwa The Ocean Cleanup, die Lanasia mit Spenden aus jeder neuen Kollektion unterstützt, holen den Müll aus dem Wasser und geben die Plastikteile an Produzenten, die Nylonstoffe daraus fertigen. In den Weltmeeren schwimmen nicht nur Trinkhalme und PET-Flaschen, sondern auch jede Menge verloren gegangener Fischernetze. Nylon, das zur Gruppe der Polyamidfasern gehört, ist sehr fein, elastisch und trocknet schnell. Ideal also für Bade- und Fitnessmode. Aber: einsammeln, sortieren, aufbereiten – ist das unterm Strich wirklich so umweltfreundlich? „Pro 10.000 Tonnen recyceltem Nylongewebe werden 57 Tonnen CO2 gespart im Vergleich zu herkömmlich hergestelltem Nylon. Auch wird weniger Wasser verbraucht und vor allem Öl, aus dem die Polyamidfasern ja sonst gewonnen werden“, erklärt Lisa-Maria. Doch damit nicht genug: „Unser Produzent in Portugal, wo wir die Damenoberbekleidung nähen lassen, baut momentan um. Sein ganzer Prozess soll nachhaltiger werden. Zudem dürfen unsere Lieferanten nichts in Plastik verpackt verschicken!“ Wer im Online-Shop von Lanasia bestellt, ist selbst in Sachen Umwelt gefordert: „Wir bieten zwei verschiedene Verpackungen ohne Preisunterschied an: die Ökobox und die Luxusbox – der Kunde entscheidet. Es wird aber erstaunlich oft die Ökobox gewählt.“
Sexy und Öko?
Zwei Nachteile haben die Kollektionen aus Plastikmüll-Nylon allerdings: der Stoff ist im Einkauf deutlich teurer als nicht recycelte Materialien und es gibt ihn technisch bedingt nur in rund 30 Farben. Der Pantone-Farbfächer, mit dem sonst in der Branche gearbeitet wird, umfasst hingegen über 10.000 Farben … „Das ist kein Hindernis für uns“, so Lisa-Maria und ein Blick auf die dennoch farbenfroh wirkenden Lanasia-Teile bestätigt das. Überhaupt fällt auf, dass Lanasia alles andere als „typisch Öko-Mode“ ist. Figurbetonte Kleider und sexy Bikinis statt figurumspielender Gewänder. Auch wird nicht gezielt mit Öko oder Nachhaltigkeit geworben. Vielmehr wollen sie die Eleganz der Frau in den Vordergrund stellen und die Weiblichkeit und das Selbstwertgefühl der Frauen stärken. „Leider kann Fashion NIE zu 100% nachhaltig sein! Schon alleine durch die Transportwege können wir das nicht behaupten.“ Die Damenmode lassen die beiden in Portugal produzieren, die Bademode in Indonesien – was auch offen kommuniziert wird.
In den kommenden Monaten wird jetzt weiter durchgestartet: die neue Swimwear-Kollektion mit 20 Styles wurde gerade präsentiert und ein Showroom in Liechtenstein öffnet seine Türen. Zudem sind sie mit verschiedenen Großhändlern im Gespräch, um die Kollektion mehr vor Ort anbieten zu können. Momentan wird Lanasia im eigenen Online-Shop angeboten sowie in drei Boutiquen außerhalb der Großstadt Bodensee.
Lanasia AG | FL-9491 Rugell | +41 (0)79 172 5959 | www.lanasia.com
Text: Tanja Horlacher, Fotos: Lanasia AG
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