Mikromodal aus Buchenholz, Lyocell aus Eukalyptus und Wolle vom Merinoschaf – das sind neuerdings die Stoffe, aus denen Träume sind. Zumindest wenn es nach dem Start-up Dagsmejan aus St. Gallen geht. Die Mission: das Schlafproblem lösen. Die Idee: den Pyjama zu revolutionieren. Geht das?

Catharina Dahlin und Andreas Lenzhofer hatten vor rund drei Jahren eine Marktlücke aufgespürt. Getrieben von ihrer Leidenschaft für ein gesundes und aktives Leben war klar, dass Erholung die Basis dafür ist – und die wiederum setzt einen guten Schlaf voraus. Doch viele Menschen klagen über Schlafmangel oder eben schlechten Schlaf. Catharina Dahlin und Andreas Lenzhofer wollten also das Übel an der Wurzel packen. Sie erkannten, dass sich in Sachen Schlafbekleidung in den vergangenen Jahrzehnten nichts getan hatte – im Gegensatz zu funktioneller Sportbekleidung: „Mit intelligenten Textilien und innovativen Faserkonstruktionen kann sich die Funktionsbekleidung an die Physiologie des Trägers anpassen und ermöglicht dadurch Höchstleistungen. Warum verbringen wir aber rund ein Drittel unseres Lebens in einem der am wenigsten innovativen Kleidungsstücke überhaupt?“

Schlaf ist alles
Um den Menschen auf nachhaltige und natürliche Weise zu besserem Schlaf zu verhelfen, haben sie sich mit Experten aus ganz Europa zusammengetan. Vor allem die Textilingenieure der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) in St. Gallen waren bereits in der Startphase ein wichtiger Entwicklungspartner. So gründeten Catharina Dahlin und Andreas Lenzhofer auch ihr Start-up Dagsmejan in St. Gallen. Mit im Boot waren Schlafforscher der Universität Stockholm und Textildesigner der Hochschule Luzern sowie Produktionspartner aus dem ganzen Bodenseeraum. Entwickelt wurde ein aus Buchenholz gewonnenes Mikromodal (Nattwell™), das die vom Körper abgegebene Wärme und Feuchtigkeit absorbieren, also vom Körper wegleiten, und so die Körpertemperatur über den ganzen Schlaf im Idealbereich halten soll. Dazu kommt ein spezielles Strickverfahren, mit dem sich schlafoptimierte Ventilationszonen nahtlos in die Kleidungsstücke integrieren lassen. Die Verarbeitung wurde dahingehend optimiert, dass Nähte, wo möglich, vermieden oder an nicht störenden Stellen gesetzt werden. Das schlaf-ergonomische Design sorgt zudem für Bewegungsfreiheit – und sieht dennoch nicht unförmig aus. Dafür hat Dagsmejan direkt nach der ersten Kollektion im Frühjahr 2018 den Silber-Award von A’Design erhalten.
Nach dem gelungenen Start ist das Unternehmen inzwischen auf zwölf Mitarbeiter angewachsen – Tendenz steigend. „Mittlerweile haben wir unseren Entwicklungs- & Produktions-Footprint deutlich erweitert. Im Zuge dieser Internationalisierung haben wir unser Office nach Zürich verlegt – unsere Wurzeln sind und bleiben aber in der Ostschweiz“, so Catharina Dahlin. Heute, keine drei Jahre nach der ersten Kollektion, verkauft Dagsmejan seine Produkte weltweit. „Wir haben Kunden in über 60 Ländern, die wir mit unseren Produkten beliefern. Das Bedürfnis nach gutem Schlaf betrifft jeden Mann und jede Frau, insofern zählen alle zu unseren potenziellen Kunden“, so die Geschäftsführerin. Nach wie vor wird jeder Herstellungsprozess überwacht und ist Oekotex-zertifiziert. „Je nach Kollektion arbeiten wir mit unterschiedlichen Produktionspartnern. Die wichtigsten Produktionsschritte finden in der Schweiz, in Vorarlberg und im süddeutschen Raum statt“, erklärt die gebürtige Schwedin.

Hightech aus der Natur
Hinzu kamen zwischenzeitlich zwei weitere Fasern: Lyocell und Merinowolle. Dagsmejan gewinnt den Zellstoff für sein Lyocell aus Eukalyptus. Die Struktur von Lyocell sorgt für eine 50% bessere Feuchtigkeitsregulierung gegenüber Baumwolle und umfließt die Haut wie Seide. Nattcool™, wie Dagsmejan die Faser nennt, soll gar achtmal atmungsaktiver sein als Baumwolle und der perfekte Stoff für sommerliche Nächte. Die schnelle Trocknung des Stoffes tut ein Übriges – was zudem auch nach der Wäsche sehr praktisch ist. In Kombination mit Wolle vom Merinoschaf ist außerdem für den Winter Nattwarm™ entstanden: atmungsaktive Stoffe, die dennoch kuschelig warm halten und dabei nur halb so schwer sind wie gleichwarme Stoffe. Das New York Magazine hat Dagsmejan im vergangenen Jahr dafür sogar als „besten Weihnachtspyjama“ empfohlen, der beispiellos sei. Überwacht wird das Ganze übrigens weiter durch einen wissenschaftlichen Beirat, das Expertenpanel von Dagsmejan, darunter Schlafwissenschaftler verschiedener Hochschulen sowie Sportmediziner.
Zukunft im Blick
Aber nützen denn die hochentwickelten Pyjamas überhaupt etwas, wenn etwa die Matratze alt oder die Federbettdecke zu schwer ist? „Letztlich muss das gesamte Bettsystem in sich stimmig sein“, ist auch Catharina Dahlin bewusst. „Nach unserem ersten Forschungsprojekt, mit welchem wir funktionelle Lösungen für die erste Schicht, also für den Pyjama, entwickelt hatten, sind wir nun mit einem zweiten Forschungsprojekt gestartet, mit welchem wir das Zusammenspiel zwischen erster und zweiter Schicht untersuchen. Auch hier werden wir in den nächsten Jahren innovative Lösungen auf den Markt bringen.“
Weitere Infos zu den Forschungen sowie einen Schlafblog gibt es auf www.dagsmejan.com.
Mit Kraft in den Tag
Dagsmejan ist ein schwedisches Wort, das sich aus „dag“ (Tag) und „Meja“ (Stärke und Kraft) zusammensetzt. Es bezieht sich auf die letzten Tage des Winters, wenn die Sonnenstrahlen den Schnee zum Schmelzen bringen, die Zeit, in der die Natur nach einer kalten und dunklen Periode wiedererwacht.