Hanno Pinter ist es gewohnt, im Rampenlicht zu stehen – als Sänger der Vorarlberger Rock’n’Roll-Band „The Monroes“. Dass er aber beim legendären Filmfestival in Locarno über den roten Teppich gehen würde, hätte er sich im Traum nicht ausgemalt. Doch es kam so. Von ihm stammen nämlich die Idee und der Kern des Drehbuchs für den Thriller „Hinterland“. Er wurde von Oscarpreisträger Stefan Ruzowitzky verfilmt, erhielt in Locarno den Publikumspreis und kommt jetzt ins Kino.
Der Film spielt 1920 in Wien und kombiniert Weltgeschichte mit dem Nervenkitzel eines Krimis: Nichts ist mehr so, wie es einmal war, als Peter Perg zwei Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aus russischer Kriegsgefangenschaft heimkehrt. Das einstige Kaiserreich ist jetzt eine Republik, seine Frau hat die Stadt verlassen, er selbst wird von Albträumen geplagt. Er fühlt sich wie ein Fremder in seiner Heimatstadt, die ein brutaler Serienmörder unsicher macht. Der ehemalige Kriminalinspektor Perg erkennt, dass er mit allen Opfern persönlich verbunden ist. Die Jagd nach dem Killer beginnt …
Das Schicksal der Kriegsgefangenen jener Zeit, die nach dem Krieg zunächst nicht freikamen und dann für die Heimreise oft riesige Umwege zurücklegen mussten, hatte Hanno Pinter schon vor langer Zeit bewegt. Irgendwann, im Jahr 2004, entwickelte er daraus eine Idee für ein Drehbuch. „Die erste lesbare Fassung dieser Geschichte war 2006 fertig“, erzählt er. Seitdem arbeitete der Autodidakt, der in Lustenau aufgewachsen ist und mit seiner Familie in Dornbirn lebt, immer wieder an seiner Geschichte und besuchte Drehbuchseminare. Dabei lernte er den Drehbuchdramaturgen Robert Buchschwenter und den Regisseur Stefan Ruzowitzky kennen, der 2008 einen Oscar für „Die Fälscher“ erhielt. Die beiden entwickelten den Stoff weiter und überarbeiteten das Drehbuch, das so schließlich zum Gemeinschaftswerk des Trios wurde.
In der Blue Box gedreht
Unter Ruzowitzkys Regie entstand ein außergewöhnlicher Film. Gedreht wurde „Hinterland“ fast ausschließlich in Blue-Screen-Technik. Das heißt: Die Schauspieler agieren vor einem blauen Hintergrund, das Szenenbild kommt am Computer dazu. Die innere Zerrissenheit der Hauptfigur und die äußere Fragilität der Gesellschaft ließen sich so eindrücklich visualisieren. „Es ist eine schräge Welt, in der alles verschoben ist und auch die Häuser krumm sind. Der Stil erinnert an expressionistische Filme der 1920er-Jahre“, erklärt Hanno Pinter.
Ungewohnter Rummel
Der 50-Jährige war dabei, als „Hinterland“ im August auf der Piazza Grande in Locarno seine Welturaufführung erlebte. Dies sei ganz anders gewesen als bei seinen Konzerten mit den Monroes, mit denen er seit 24 Jahren fast jedes Wochenende unterwegs ist – im Stil der 1950er-Jahre, mit Anzug und Krawatte. „Bei einem Live-Auftritt mit der Band kann man auf das Publikum reagieren und hat das Geschehen selbst in der Hand. Auf die Reaktionen bei einer Filmpremiere hat man keinen Einfluss. Es passiert einfach“, erzählt Hanno Pinter. Einige Tage später war die Preisverleihung, kurz darauf wurde sein zweites Kind geboren. „Und dann ging der Rummel los. Das war ich nicht gewohnt“, schmunzelt er.
Wie geht’s für ihn jetzt weiter? „Ich bin sehr relaxt und genieße den Erfolg mit ,Hinterland‘“, sagt Hanno Pinter, der im Hauptberuf als Leiter eines Jugendtreffs in Liechtenstein arbeitet. „Ich liebe diesen Job sehr“, erklärt er. Er habe auch einige Ideen für eine neue Filmgeschichte und plane mit seiner Band für den Winter ein neues Album. Nach mehr strebe er nicht. „Das Drehbuchschreiben ist mein Hobby genauso wie die Musik. Und das soll so bleiben.“
www.constantinfilm.at
www.freibeuterfilm.com
www.monroes.cc
Hinterland
- Kinostart: 7./8. Oktober
- Dauer: 99 Minuten
- Genre: Krimi
- Prädikat: wertvoll
- Regie: Stefan Ruzowitzky,
- Darsteller: Murathan Muslu, Liv Lisa Fries, Maximilian von der Groeben, Marc Limpach, Margarethe Tiesel, Aaron Friesz, Stipe Erceg, Trystan Pütter und Matthias Schweighöfer
- Drehbuch: Hanno Pinter, Robert Buchschwenter, Stefan Ruzowitzky
- Idee: Hanno Pinter
- Produktion: Sabine Moser, Bady Minck, Alexander Dumreicher-Ivanceanu (FreibeuterFilm & Amour Fou Luxembourg)
- Koproduktion: Genèvieve Lemal, Robert Marciniak (Scope Pictures & Lieblingsfilm)
- Verleih: Constantin Film Österreich
Text: Ruth Eberhardt
Beitragsbild: Porträt Hanno Pinter | © Christian Holzknecht