69 Euro für eine Kinderjeans ist eine Ansage. Sogar das Modell für die Jüngsten – von 6 Monaten bis 2 Jahren – geht mit stolzen 62 Euro über den Ladentisch. Verkaufszahlen steigend. Was macht Dreifeder anders? Kaspar Schiesser, Gründer des jungen Modelabels im Schweizer Rheintal, über Fast Fashion, Kundennähe und die vielleicht nachhaltigste Kinderjeans der Welt.

Kaspar Schiesser trägt einen großen Namen. Obwohl er in vierter Generation quasi keine direkte Verbindung mehr zum bekannten Wäschehersteller mit Hauptsitz in Radolfzell hat, bekennt er lachend „Schiesser-Unterhosen mit Stolz zu tragen“. Als sein Großvater vor einigen Jahren verstorben war, fand die Familie bei der Hausräumung Unterlagen, die Zahlungen des Wäschekonzerns belegen. „Mein Urgroßvater war der Bruder von Firmengründer Jacques Schiesser. Ich bin also kein direkter Nachkomme, aber wir haben dieselben Vorfahren – und das textile Blut fließt auch in meinen Adern“, schmunzelt der 31-Jährige. Schon während seines Studiums in Textile Business Management in Zürich arbeitete er im Einkauf und Verkauf des großen Modehauses PKZ im Herzen der Stadt. Später wurde er dann Product Manager bei The Rokker Company – einer ebenfalls im schweizerischen Rheintal ansässigen Modefirma, die sich auf stylische Motorradjeans im Premium-Segment spezialisiert hat. Und da es von Jeans, die beim Motorradfahren auch mal knapp über den Asphalt streifen, nicht mehr weit ist zu vom Spielen durchgescheuerten Kinderhosen, kam ihm die Idee, eine eigene Marke zu gründen. „Ich hatte bei Rokker viel mit abriebfesten und robusten Materialien zu tun. Als ich bei meinem kleinen Neffen sah, wie schnell seine Hosen an den Knien durchgescheuert waren, habe ich gedacht, das muss besser werden“, so Kaspar Schiesser über den Start von Dreifeder vor rund drei Jahren.

Weg von Fast Fashion
Robust sein war das eine Ziel – nachhaltig sein das andere. Und irgendwie hängt es ja auch zusammen. „Wir müssen weg von diesem Fast Fashion, dieser Wegwerfmode“, betont Kaspar Schiesser. „Derzeit überrollen die Chinesen den europäischen Markt mit Modeunternehmen, die größer sind als die Konzerne von H&M und Zarah zusammen – das ist erschreckend.“ Vor allem bei Kindermode habe man ja die Situation, dass die Kleidung oft weitergegeben wird, weil die Kleinen innerhalb weniger Wochen oder Monate aus den Kleidern herauswachsen. Die Teile finden direkt im Bekanntenkreis oder auf Second Hand-Märkten ihre nächsten Träger. Meistens. Denn: „Alles ist dabei, nur Hosen werden selten weitergegeben, weil sie oft schon nach nur ein bis zwei Wochen Löcher haben“, hat Kaspar Schiesser beobachtet. Selbstverständlich kann man Hosen flicken, doch irgendwann ist auch damit Schluss. Warum also nicht eine stabile Kinderjeans auf den Markt bringen, die aufgrund der Entwicklung und der eingesetzten Materialien etwas teurer ist, die dann aber auch hält und hält und hält …? Für den Firmengründer eine klare Sache: „Ich merke, dass die Leute bereit sind, mehr auszugeben, dafür müssen die Sachen aber auch lange halten. Und wenn ich in der Zeit, die unsere Jeans hält, eigentlich schon drei andere à 20 Euro verschlissen hätte, dann rechnet sich das am Ende. Vom Stress, ständig etwas Neues für die Kinder kaufen zu müssen, mal ganz abgesehen.“ Und da ihm Nachhaltigkeit am Herzen liegt, hat er selbstverständlich alle Faktoren unter die Lupe genommen: „Es geht ja nicht nur um die Hose an sich. Sondern auch um Wasser und Energie, die bei der Herstellung verbraucht werden, sowie die zurückgelegten Kilometer, bis die Hose beim Endkunden ist.“ Auch da sei schnell klar, dass die Bilanz für die langlebige Dreifeder-Jeans spricht, durch die viele andere kaputte Hosen eingespart werden könnten. Wie sehr Kaspar Schiesser von den Dreifeder-Hosen überzeugt ist, zeigt sich nicht zuletzt auch in der 90 Tage Anti-Loch-Garantie, die es für alle Jeans gibt. Auffallend ist, dass es in der Tat auch online inzwischen einen Markt für gebrauchte Dreifeder-Hosen gibt. Also wachsen die Kleinen wirklich schneller heraus, als sich ein Loch hineinwächst. Schiessers Vision, „bessere Kinderhosen auf den Markt zu bringen“, scheint offensichtlich real zu werden. 

Das Geheimnis
Doch was ist denn nun genau anders? „Ich hatte eine klare Vorstellung. Zusammen mit Testex, einem großen, unabhängigen Schweizer Textilprüfinstitut, haben wir wahnsinnige viele Stoffe getestet – und schließlich einen gefunden, der uns überzeugt hat.“ Doch wo genau dieser Stoff herkommt, will der Dreifeder-Boss nicht verraten. Das sei Betriebsgeheimnis. Denn: „Sonst würden es uns ja alle nachmachen.“ Doch so viel sei verraten: Neben OEKO-TEX® zertifizierter Baumwolle werden noch Cordura®-Fasern eingewebt. Diese synthetische Komponente gilt als langlebig und widerstandsfähig. Dazu hat Dreifeder einen Stretch-Anteil gemixt, sodass die Hosen trotz aller Widerstandsfähigkeit bequem sind und jede Bewegung mitmachen. Gerade bei Kindern ein wichtiger Faktor. Bequem und robust sei denn auch ihr Alleinstellungsmerkmal, so Kaspar Schiesser. „Es ist unser Aushängeschild. Wir wissen von vielen Kindern, die nur noch Dreifeder-Jeans anziehen wollen.“

Kunden als Ideengeber
Generell pflegt Dreifeder gerne einen direkten Kontakt zu den Kunden. „Das ist uns extrem wichtig“, so der CEO. Daher liege der Fokus, neben je drei Händlern in der Schweiz und in Deutschland, auch weiter auf dem Vertrieb im eigenen Onlineshop. „Wir hören gerne von Kunden, was gut und was schlecht ist, und nehmen diese Ideen auf.“ So kam es, dass es neben den derzeit acht Modellen für die Kleinen nun auch eine „Mama“- und eine „Papa“-Jeans mit dem Dreifeder-Logo gibt. Darüber hinaus kommt zeitnah eine Black Denim-Hose ins Programm und im Sommer leichte Chinos, und an einer paraffinfreien Regenhose tüftelt Dreifeder ebenso. Doch damit alles gut umgesetzt werden kann, braucht es Unterstützung. „Ich bin am überlegen, ob wir das ein oder andere Produkt via Crowdfunding auf den Markt bringen. Auch so können die Kunden direkten Einfluss nehmen und sind daran beteiligt.“

In neun Ländern verkauft Dreifeder mittlerweile. Darunter sind, neben dem Hauptmarkt in der Schweiz, auch beispielsweise Luxemburg und Holland.  „Und das, obwohl wir dort noch nie Werbung gemacht haben“, so Schiesser. Er wisse aber, dass die Mund-zu-Mund-Propaganda bei ihnen gut funktioniere. Und so geht der Tipp über die vielleicht beste Kinder-Jeans der Welt wohl auch mal mit auf Reisen.

Die drei Federn
Der Name Dreifeder lehnt an ein Märchen der Gebrüder Grimm an. In „Die drei Federn“ beauftragt der König seine drei Söhne, ihm den schönsten Teppich zu bringen. Dieser Sohn solle sein Nachfolger werden. Drei Federn, die der König in die Luft warf, sollen den Söhnen die Richtungen weisen. Schließlich findet dann der unscheinbare und unterschätzte Jüngste dort, wo seine Feder zu liegen kam, eine Falltür und darunter eine Kröte, welche ihm den schönsten Teppich herbeizaubert. Firmengründer Kaspar Schiesser ist sicher, dass seine Hosen den König bestimmt auch überzeugt hätten.

Beitragsbild: Kaspar Schiesser in der Produktion. Genäht wird alles in Portugal. | (c) Dreifeder