… oder umgekehrt

Seltsamerweise braucht es wohl immer erst ’ne Krise (oder deren mehrere), damit sich wirklich was ändert und so mancher „Traum wahr wird“.

Corona beschleunigte die ein oder andere dahindümpelnde Entwicklung schon massiv – mobiles Arbeiten, digitale Vernetzung, medizinischer Fortschritt. Und leider auch so manche schmerzliche Fehlentwicklung. Wobei: Fachkräftemangel ist reziproke Wertschätzung! Und an dieser hat es ebenfalls nur allzu oft gemangelt.

Der unmenschliche Ukraine-Überfall (Sie sehen, auch ich vermeide das Wort Krieg!) wirkt zusätzlich wie ein „Brandbeschleuniger“: Plötzlich funktioniert beispielsweise die 2015 zunächst holprig eingeübte „Willkommenskultur“ selbst in bis anhin bekanntermaßen „fremdenunfreundlichen“ Regionen.

Und wer nun glaubt, ich spiele hier auf die Schweiz an: Klappe – und vor allem innehalten. Die Schweiz hat nicht nur eines der fortschrittlichsten Asylgesetze Europas (das zugegeben, bisweilen leider sehr unfein ausgenützt wird!), sondern auch den höchsten Ausländeranteil. An Taten messen, statt an Worten!

Sogar bei Windrädern flaut der Gegenwind ab: Plötzlich sind sie kein „unüberwindbares Hindernis“ mehr rund um den See, Photovoltaik wird selbst in Denkmal-Hochburgen denkbar – denk mal an. Und bei Wärme aus Erd- und Bodenseewassertiefen wird vielen grad wirklich warm ums Herz. Doch was „allein fürs Klima“ gut ist, war bislang wohl nicht „gut genug“. Denn jetzt heißt es überdies „Radeln gegen Putin“, „Benzinsparen für den Frieden“, „kalte Dusche für Aggressoren“.

Mit der dreifach-wirksamen Krisen-Überdosis bewegt sich endlich wirklich was: zum Beispiel der ÖPNV in Deutschland. Für schlappe neun Euro pro Monat – ja richtig gelesen, liebe Schweizer, in etwa der Wert einer guten Tasse Cappuccino! –, also für keine 10 Euro quer durch Deutschland oder nur „mal eben zwei Busstationen im Städtle“ weiter. Und das drei Monate lang! Der feuchte Traum aller klimaneutral und sozial Engagierten wird endlich war. Wenn auch eher als kurzes Träumchen. Um explodierenden Benzin-Kosten etwas Vernünftiges entgegenzusetzen. Die deutsche Bundesregierung lässt sich das 2,5 Mrd. Euro und nebenbei viele graue Haare regionaler Bus- und Bahn-Lenker kosten. Kleiner Vergleich für schnelle Rechner: 100 Mrd. wird in die mindestens ebenso marode runtergesparte Bundeswehr gesteckt, damit da mal wieder „was vorankommt“. Für 10 Mrd. könnte man jährlich deutschlandweit Monatstickets für 9 Euro ermöglichen – für alle.

Nur rund um den See wird’s leider wieder schwer mit dem „Vorankommen“. Internationale Nachbarschaft ist halt meist Fluch & Segen. Mögen sich zumindest Schweizer und Österreicher so denken, denn die haben zumindest ihren Part der großen Umrundung via Bodensee-S-Bahn längst erfüllt, während auf deutscher Seite noch immer nur die „Gedanken“ kreisen. Sie erinnern sich?! Taten statt Worte …

Wenn aber jetzt alle mal drei Monate „die Gunst der Stunde“ nutzen und die „deutschen Busse und Bahnen“ so rrrrichtig überfrequentieren, ist das ein klares Signal zur Weichenstellung. Belastet zwar den eh schon quietschenden deutschen Staatshaushalt, entlastet aber dafür unsere regionale ohnehin ferienstaugeplagten Straßen (neudeutsch spricht man hier übrigens von Entschleunigungs-Transit). Davon haben zumindest alle Verkehrsteilnehmer dann was.

Und wer weiß, wo „das alles“ am Ende hinführt?! Kaum auszumalen, ein Träumchen …