Alle wollen Bodenseefisch, „Fisch aus Wildfang“. Da aber der See die große Nachfrage längst nicht mehr befriedigen kann, greifen Gastronomie und Handel nach Zuchtfisch. Eine gute Alternative – wenn dabei auf Nachhaltigkeit geachtet wird.

Ein Beispiel von vielen: Stefan Riebel, Fischer und Händler auf der Insel Reichenau, bezieht einen Großteil seiner Fische von Züchtern aus der erweiterten Region: Die Forellen etwa werden von der Alb, die Saiblinge aus Oberschwaben lebend angeliefert. Obwohl er als Untersee-Fischer im Vergleich zu seinen Kollegen am Obersee noch relativ viele Fische aus dem See holt (der Untersee hat wegen der vielen natürlichen Uferzonen eine bessere Nährstoffsituation, die sich positiv auf den Fischbestand auswirkt), kann er den Fischhunger seiner Kunden damit alleine nicht stillen. Für Riebel kein Problem, zumal er in der Teichzucht eine Bereicherung für die Natur sieht. Tatsächlich leistet die extensive Teichwirtschaft einen Beitrag zu Landschaftspflege, Naturschutz und Biodiversität, denn neben den gezüchteten Fischen findet hier eine Vielzahl von Pflanzen und Wassertieren ihren Lebensraum. In Deutschland hat die Fischwirtschaft eine lange Tradition. Man denke nur an den klassischen Karpfenteich oder die Forellenzucht in Durchflussanlagen. Aber sind sie auch nachhaltig?

„Am nachhaltigsten ist immer noch die Karpfenzucht“, sagt Daniel Luther vom Schweizer Trägerverein Culinarium. Weil Karpfen Vegetarier sind. Anders als die beliebten Salmoniden Forelle, Saibling und Lachs, deren Verdauung und Stoffwechsellage auf eiweißreiche und kohlenhydratarme Nahrung abgestimmt ist. Sie brauchen auch in der Teichwirtschaft das hochwertige Eiweiß der Artgenossen und werden über Fischmehl und -öl im Futter damit versorgt. Fisch frisst Fisch also. Leider stammt der Futterfisch oft aus zweifelhaftem Fang. Nachhaltig geht anders. Glücklicherweise gibt es dank intensiver Forschung, unter anderem durch die Fischereiforschungsstelle in Langenargen, ein „aber“: Fischfutter, in dem das Fischprotein zunehmend durch Mikroalgen, Ölsaaten und Insektenprotein ersetzt und somit immer vegetarischer und damit nachhaltiger wird.

Wie viel Fisch für den Fisch?

Stephan Hofer beliefert unter anderem den Fischmarkt Koch auf der Reichenau mit Forellen aus seiner Fischzucht in Oberndorf a.N. Er kann aus dem Stegreif wissenschaftliche Vorträge halten über den Metabolismus der Fische, ihre Eiweißeffizienz und dergleichen. Ein wichtiges Nachhaltigkeitskriterium sei die „Fish in – Fish out Ratio“: Sie besagt, wie viel Kilo Fisch eingesetzt wird, um ein Kilo Fisch zu erzeugen. Die liege heute unter eins; man benötige also weniger als ein Kilo Fischprotein für ein Kilo Fisch. Dieser Einsatz sei sehr viel besser als noch vor wenigen Jahren, so Hofer. Freilich sei bei Karpfen, die sich von dem ernähren, was im Teich nachwächst, die Zucht ökologischer. Aber heutzutage komme dieser Fisch kaum noch auf den Tisch: zu kompliziert in der Handhabe. Die Mehrzahl der Verbraucher mag nun mal am liebsten Filets. Andreas Zordel, der ebenfalls im Schwarzwald Fisch züchtet, hat die Erfahrung gemacht, dass hauptsächlich Osteuropäer und türkische Kunden den Karpfen als Speisefisch schätzen – und ihn zubereiten können.

Im Schweizer Kanton St. Gallen habe es ein Züchter mal mit dem afrikanischen Buntbarsch Tilapia versucht, der sich ebenfalls vegetarisch ernährt, erzählt Daniel Luther. Ein feiner Fisch, der auch gut filetiert werden kann. Dennoch kam er bei den Kunden nicht gut an, weil zu unbekannt. Mit einer Forellenzucht ist der Züchter jetzt wieder auf der sicheren Seite.

Auf was achten?

Fisch aus Wildfang, direkt beim Fischer vor Ort gekauft, ist vermutlich die beste aller Möglichkeiten. Sie hat jedoch Grenzen. Aber auch wer seinen Zuchtfisch, sei es Forelle oder Saibling, bewusst von einem regionalen Züchter bezieht, tut das Richtige. Wer bei Hofer auf die Website schaut, findet unter dem Reiter „Umwelt“ einiges zu einer Unternehmensphilosophie, die sicher auf die meisten der regionalen Fischzüchter passt. Die meisten Zuchtforellen weltweit kommen, wie Andreas Zordel informiert, aus der Türkei. Wer gefrorenen Fisch beim Discounter kauft, sollte also mal nach dem Herkunftsland schauen. Gentechnikfreies Fischfutter (in der EU vorgeschrieben)? Kurze Wege? Regelmäßige Kontrollen durch den Fischgesundheitsdienst? Hygiene und Krankheitsvermeidung statt Medikamente? …

Immerhin sind Forellen, wie Andreas Zordel sagt, sehr empfindlich in Bezug auf Wasser- und Futterqualität. „Man kann sie eigentlich nicht falsch halten.“ Nicht ohne wirtschaftliche Einbußen, muss man wohl hinzufügen.

Text: Claudia Antes-Barisch

Fischzüchter in der Region

A

  • Güfel Forellen, Meiningen, www.guefel.com
  • Fischgenuss Bregenzerwald, Schwarzenberg, www.fischgenuss-bregenzerwald.at

CH

  • Kundelfingerhof, Schlatt, www.kundelfingerhof.ch
  • Fischzucht Thurtal, Pfyn, www.fischzucht-thurtal.ch
  • Forellenzucht Schwendi, www.forellenzucht-weisstannen.ch

D