… sprengen Grenzen
Das akzent Magazin hat zum Weltfrauentag besondere Frauen gesucht und Chris Inken Soppa gefunden. Jackpot. Nicht nur, dass die Konstanzer Autorin selbst eine besondere Frau ist, in ihrem neuen Buch „Über alle Grenzen hinweg“ schreibt sie über 45 kluge, leidenschaftliche, oft rebellische Frauen, die mutig ihren Lebensweg gegangen sind und die Grenzregion Bodensee über alle räumlichen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg maßgeblich geprägt haben.
Chris Inken Soppa wurde 1966 in München geboren, wuchs in Friedrichshafen auf und arbeitet heute in Konstanz. Schon als kleines Mädchen hat sie ihre ersten Gedichte verfasst und in der Schulzeit für sich und ihre Freundinnen Romane geschrieben, später Literaturwissenschaften studiert und seit 2010 viel beachtete Bücher, darunter „Der große Munprat“, veröffentlicht. Für „Über alle Grenzen hinweg“ begab sie sich auf Spurensuche rund um den Bodensee. Frauen aus jeder Gesellschaftsschicht, aus verschiedenen Jahrhunderten, mit verschiedenen Berufen wollte sie finden, mitreißende Frauen, die den Mut hatten, gegen Widerstände anzugehen. Pionierinnen, die alle auf ihre Art räumliche und gesellschaftliche Grenzen durchbrochen haben. Auch Frauen aus kleinen Verhältnissen sind darunter, die mit ihrem Engagement die Welt zum Positiven verändert haben, die für ihr gutes Recht gestritten und für Gleichberechtigung gekämpft haben. „Ich wollte diese Frauen sichtbar machen und den jungen Frauen von heute zeigen, dass es mit der Emanzipation nicht immer so einfach war und dass sie weiterkämpfen müssen, weil es um die Gleichberechtigung der Frauen weltweit nach wie vor nicht gut bestellt ist.“
Chris Inken Soppa erzählt von ihrer Begeisterung und ihrer Zuneigung zu den Frauen, die sie bei der Recherche ergriffen hat. Dabei konnte sie nur noch mit zwei ihrer Protagonistinnen persönlich sprechen: Mit ihrer Titelheldin Frieda Meier aus Konstanz-Egg, die die erste Berufsfischerin vom Bodensee war, sowie mit der Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, die an der Uni Konstanz ihre Professorin war. „Das Interview mit Frieda Meier war sehr berührend. Sie hat mich in die 1950er-Jahre am Bodensee mitgenommen und erzählt, wie sie auf ungewöhnliche Weise Berühmtheit erlangte und die Widerstände der männlichen Berufskollegen überstehen musste.“ Es sei ihr wichtig gewesen, nicht nur die „berühmten Verdächtigen“ im Buch zu haben, wie die begnadete Opernsängerin Lisa de la Casa aus Gottlieben oder die Dichterin Annette von Droste Hülshoff aus Meersburg, sondern eben auch ganz versteckte Frauen, von denen man vorher nichts wusste. Zu gern hätte sie Maria Stromberger aus Bregenz kennengelernt, die als „Der Engel von Auschwitz“ in die Geschichte eingegangen ist. „Sie hat mich schwer beeindruckt. Als Krankenschwester ist sie in die Auschwitzhölle gegangen, hat Häftlinge gerettet, wurde vergessen und starb später an einem Herzinfarkt – ironischerweise in der Bregenzer Heldendankstraße.“
Auch der literarischen Außenseiterin Nelly Dix aus Hemmenhofen wäre sie gern begegnet. „Sie war ein hochbegabtes junges Mädchen, das sehr jung gestorben ist. Sie war so schlau und witzig, ich wäre gerne mit ihr einen trinken gegangen“, schwärmt Chris Inken Soppa.
Von Hortense de Beauhornais, der Stiefmutter von Kaiser Napoleon dem III, ist die Autorin so angetan, dass sie über sie ein eigenes Buch schreibt, das im April erscheinen wird: „Sie wird immer als Salonfrau dargestellt, die in ihrem Garten in Arenenberg sitzt und mit ihrem Fächer fächert. Dabei ist ihr ganzes Leben eine einzige und ungemütliche Flucht- und Verfolgungsgeschichte.“
Mit dem Buch „Über alle Grenzen hinweg“ können die Leserinnen und Leser sich selbst auf die Spuren der Frauen begeben und ihre Wirkungsorte besuchen. Für die sensible Fotografin Mia Hesse-Bernoulli können sie beispielsweise das Hesse-Haus in Gaienhofen besuchen und für die Alte Guta, Stadtretterin und Spionin wider Willen, eine Kirche in Bregenz. Chris Inken Soppa hat mit ihrem Mann Ralf Staiger gemeinsam alle Orte besucht und fotografiert, was es noch zu sehen gab. „Es geht doch bis heute darum, dass Frauen ein selbstbestimmtes Leben führen dürfen und sich für etwas begeistern. Dass sie sich bewusst sein dürfen, dass sie alles machen können, was sie sich erträumen, sich dazu nicht verstellen müssen, sondern Frau sein dürfen“, lautet das Wort der Autorin zum Weltfrauentag am 8. März.
www.gmeiner-verlag.de/buecher/titel/ueber-jede-grenze-hinweg
Foto: Ralf Staiger