Eher als sonst, wärmer als sonst begrüßt uns das Frühjahr. Und während die Blüten sich überall viel zu früh schon zu öffnen anschicken, öffnen sich auch die Regionen rund um den See unterschiedlich schnell in eine postpandemische Frühlings-Zeit. 

Wie eine La-Ola-Welle brandet die Öffnungswelle um den See: Beginnend am Schweizer Ufer, dann über Vorarlberg auf die deutschen Gestade, spült sie die pandemische Beklommenheit weg und legt darunter die alte „neue“ Lebensfreude frei. Nur die Masken bleiben überall ein wenig länger erhalten, wie die Stützräder beim Erlernen des Radfahrens – stören irgendwie, sehen komisch aus, aber sicher ist sicher. Na wenn’s nützt, um auf der nächsten Etappe nicht gleich brachial auf die Fresse zu fallen …

Also erkunden wir unseren vertrauten Lebensraum wieder neu, zunächst etwas ungelenk, mancherorts noch sichtlich irritiert, aber immer voller Entdeckungslust. Wiederentdecken und Wertschätzen bilden den neuen harmonischen Zweiklang, der uns als Soundtrack durch den Frühling trägt. Nichts ist mehr so selbstverständlich wie „davor“. Wir freuen uns darüber, wenn wir überall wieder auf Vertrautes stoßen: Geschäfte, Shops, Bars und Restaurants, Konzerte, Theater, Kultur- und Freizeitangebote. Und überall die liebgewonnenen Menschen und Macher.

Wiederentdecken, das heißt auch, bewusster wahrnehmen und dankbar sein dafür, was wir haben. Haben dürfen. Etwa für das große Maß an selbstverständlicher Freiheit, die wir seit Jahrzehnten genießen und um die andere in diesen Zeiten kämpfen müssen. 60% aller Menschen auf diesem Planeten leben in nicht demokratischen Staaten. Ein friedliches, grenzoffenes Miteinander und kooperatives Nebeneinander unterschiedlicher und selbstbestimmter Nationen wie hier am See ist für Milliarden ein Traum. Und dazu auch noch in einer intakten, wunderschönen Landschaft.

Während wir hier heutzutage eher amüsiert zur Kenntnis nehmen, dass unweit vom See in den Schweizer Bergen noch bis in die 1970er das Frauenwahlrecht im Herzen Europas nicht selbstverständlich war, dreht sich andernorts das Rad wieder zurück. Auch Frauenrechte sind nicht selbstverständlich. Im März erinnert der Weltfrauentag an diesen Umstand, drum stellen wir in der Märzausgabe auch einige der regionalen Macherinnen hier vor, die alles andere als selbstverständlich sind. Noch immer sind übrigens keine 5% Frauen rund um den See in politischen Führungsfunktionen von Städten und Regionen. Und noch nie (!!!) war eine Frau in den politischen Top-Positionen der fünf See-Länder: weder in Bayern noch in Baden-Württemberg, auch nicht im Thurgau, in St. Gallen oder Schaffhausen und auch nicht in Vorarlberg. 

Not täte dabei auch hier weniger bräsige „Selbstverständlichkeit“ und mehr dynamisches „Frühlingserwachen“, vor allem aber mehr „Offenheit“ an den Ufern des Sees.