Museen sind heute ebenso ein Standortfaktor wie Bahnhöfe mit schnellen Anschlüssen an den Rest der Welt. Bei ihnen kommt es aber noch mehr als bei anderen öffentlichen Gebäuden auf eine Architektur an, die sagt: Hier gibt es etwas zu sehen! Aus den letzten Jahren gibt es hierfür am Bodensee einige Beispiele von Museen, die auch die Architekturlandschaft bereichert haben.
Für Museen als Standortfaktor wird als Vorbild gerne das Guggenheim-Museum in Bilbao angeführt, das bei dieser nordspanischen Stadt den „Bilbao-Effekt“ bewirkt hat: den wirtschaftlichen Aufschwung einer alten Industriestadt durch ein kulturelles Großprojekt. Bilbao wurde weltweit bekannt durch sein Kunstmuseum, dessen dekonstruktivistische Architektur von Frank O. Gehry so spektakulär ist, dass sie wie das Gegenteil des Prinzips „Form Follows Function“ erscheint.
So „schräg“ gebaute Museen gibt es am Bodensee nicht, hier werden neue Museen für den Zweck gebaut, zu dem natürlich auch eine Architektur gehört, die für die Stadt „etwas hermacht“.
Dabei ist das Gebäude für ein Museum nicht einfach zu entwerfen, denn die präsentierten Themen und Objekte haben ganz unterschiedliche Raumbedürfnisse, mit mehr oder weniger Licht, mit großen oder kleinen Räumen etc.
An dieser Stelle ein kurzer Hinweis auf das, was ein Museum ist: Ein Museum stellt nicht nur aus, es hat auch den Anspruch, Wissen und Erkenntnis zu vermitteln, Erlebnisse zu bieten und Erfahrungen zu machen. Das verlangt nicht nur eine Inszenierung, sondern auch eine didaktische Präsentation, dazu Räume für Unterrichtsprojekte und eine Bibliothek. Deshalb ist nicht alles, was „Museum“ heißt, auch tatsächlich ein Museum – manche sind nur Sammlungen, die einfach in großen Räumen oder einer Halle ausgestellt werden. Für Museen sind dagegen Neubauten oft sinnvoller, weil man bei der Umnutzung von Altbauten beim Raumprogramm zu viele Kompromisse machen muss.
Das Schiff in der Wand
Das Archäologische Landesmuseum in Konstanz wurde 1992 im barocken ehemaligen Benediktinerkloster eröffnet, damals erkannte man nur aufgrund des Schildes, was sich in dem Gebäude befindet. Seit 2002 hat es aber einen modernen Anbau aus Beton, Stahl und Glas, bei dem sich jeder Hinweis auf den Inhalt erübrigt – dafür reicht die schiffsförmige Nische in der Ostwand, die als Silhouette eines historischen Schiffs # erkennbar ist. Innen sind die erhaltenen und restaurierten Reste einer vor Immenstaad gefundenen Lädine – bis ins 19. Jahrhundert das Lastenschiff auf dem Bodensee.
www.konstanz.alm-bw.de
Neuer Name, neues Haus
Dem Vorarlberger Landesmuseum wurde es um die Jahrtausendwende in dem 1960 zuletzt neugestalteten Museumsgebäude zu eng. 2007 wurde von der Landesregierung beschlossen, ihm mit einem Neubau mehr Platz zu geben. Dafür wurde das alte Museum abgebrochen, das benachbarte Gebäude der Bezirkshauptmannschaft einbezogen und durch zwei Stockwerke nach oben erweitert. Im Juni 2013 konnte das neue Museum unter dem Namen „vorarlberg museum“ mit doppelter Ausstellungsfläche neu eröffnet werden, nachdem für den Bau über 35 Millionen Euro ausgegeben waren. Als zentrales Museum des westlichen Bundeslandes war es dem Land diese Investition wert.
www.vorarlberg-museum.at
Natur(museum) in der Stadt
Die Ostschweizer Metropole St. Gallen hatte schon früher ein Naturmuseum, das über dem provinziellen Niveau anderer in der Region stand. Aus Platzgründen musste es den Standort im Museumsviertel aufgeben und ist seitdem an einem Platz mit passender Nachbarschaft. Seit November 2016 ist es in einem Neubau beim Botanischen Garten im Osten der Stadt beheimatet. Der Neubau war die Gelegenheit, die Räume genau für die Erfordernisse der Themenbereiche zu konzipieren. Im größten Raum befindet sich das große Relief des Kantons (mit Appenzell), auf dem die physische Geografie im Zusammenhang mit den Naturlandschaften zu sehen ist.
www.naturmuseumsg.ch
Weitere neue Museen in der Bodenseeregion
Kunstmuseum Ravensburg (Neubau 2013)
Zeughaus Teufen (Umbau für Umnutzung 2012)
Seemuseum Kreuzlingen (Umbau 2020)
Text + Fotos: Patrick Brauns