Am Bodensee gibt es Klostergärten und Schlossparks, Kräutergärten und Stadtgärten, Villengärten und Kleingärten. Man kann sie besichtigen oder von außen hineinschauen – wofür brauchen wir da noch „Gartenschauen“? Ein Blick in die Geschichte und über die Grenze der Region zeigt, welchen Zweck solche Veranstaltungen hatten oder haben können.
Die Geschichte der Gartenschauen
Die Entwicklung der Gartenschauen in Deutschland lässt sich etwas schematisch in Etappen gliedern: Die ersten Bundesgartenschauen in den 1950er-Jahren hatten vor allem den Zweck, durch den Krieg zerstörte städtische Parkanlagen wiederherzurichten und zu attraktiven Erholungsorten für die Städter zu machen. In den 1960ern waren sie eher Leistungsschauen der Gartenbauindustrie und ihrer Verbände. Der Deutsche Werkbund, eine angesehene Vereinigung von Künstlern und Architekten, drückte die Kritik anlässlich der Bundesgartenschau 1981 in Kassel mit der Broschüre „Durch Pflege zerstört“ noch deutlicher aus. In dieser Zeit wurden oft natürlich gewachsene Parks zu künstlichen Gartenerlebniswelten umgestaltet. Auch für die aktuelle LGS in Überlingen wurden einerseits bisherige Gewerbeflächen „renaturiert“, andererseits aber auch eine ganze Allee mit 160 alten Platanen und eine historische Ufermauer geopfert.
In Baden-Württemberg gibt es die Landesgartenschauen erst seit 1980, sie hatten deshalb schon von Anfang an eine zeitgemäßere Grundidee: Sie sollten brachliegende oder bisher anders genutzte Flächen wie Industriegelände neu entwickeln und dadurch auch der ganzen Stadt einen Entwicklungsschub geben – also eine Art „Bilbao-Effekt“ bewirken. Oft war das Gelände auch so gelegen, dass es eine grüne Verbindung zwischen Stadtteilen oder zur Nachbarstadt herstellte. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Stadt Kehl am Rhein, die für die LGS 2004 eine Kooperation mit der etwa zehnmal größeren Nachbarstadt Strasbourg eingegangen ist. Als Verbindung der beiden Seiten des „Parc des deux Rives“ wurde eine neue, dem nichtmotorisierten Verkehr vorbehaltene Brücke gebaut. Geografisch näher liegend ist Villingen-Schwenningen, wo die LGS 2010 auch den Zweck hatte, die beiden sehr unterschiedlichen, früher selbständigen Städte zu verbinden.
Parks an Flüssen
Die bedeutendste Gartenschau im Bodenseeland war im Jahr 2000 in Singen, deren Motto „Aus der Stadt – Über den Fluss – Auf den Berg“ auf die Aach und den Hausberg Hohentwiel hinwies. Das Gelände verbindet die Innenstadt über die Aach hinweg mit der westlichen Vorstadt am Fuß des Hohentwiel. Mehr als in anderen Städten wurden hier auch Kunstwerke in den Landschaftspark integriert. Auch von den Besucherzahlen her war sie ein großer Erfolg, denn mit fast einer Million waren es mehr als doppelt so viele Besucher wie geplant. Für die LGS wurde auch an der Schaffhauser Straße eine Seehas-Haltestelle gebaut, die seitdem mit dem Namen „Landesgartenschau“ auch sprachlich eine bleibende Erinnerung ist – nach aktuellen Planungen sollen hier in ein paar Jahren sogar die Intercity-Züge halten und gleich Richtung Zürich weiterfahren. Ein nützliches Relikt ist auch die Fußgängerbrücke über die Bahnlinie, die einen kleinen Aussichtsturm hat.
Eine Nummer kleiner als die Landesgartenschauen sind die „Grünprojekte“, die es seit der Jahrtausendwende in Baden-Württemberg gibt – die ersten beiden im Hinterland des Bodensees: 2001 wurde im Westen von Pfullendorf der Seepark Linzgau eröffnet, mit dem zwei ehemalige Baggerseen neu als Freizeit- und Erholungsgebiet genutzt werden können. Zwei Jahre später wurde in Tuttlingen die Donau durch die „Trilogie Park – Stadt – Fluss“ zum Donaupark, der seitdem zu einem beliebten Volkspark geworden ist.
Unabhängig von den Gartenschauen plant auch Ravensburg im Bereich zwischen Bahnhof und dem Gewerbegebiet jenseits der Schussen einen Flusspark. Dafür gibt es großzügige Zuschüsse vom Bund, denn ein Park mit „viel Grün und Blau“ wird sich positiv auf das Stadtklima auswirken. In fünf Jahren soll der Schussenpark für die Öffentlichkeit nutzbar sein.
Und auf der anderen Seite des Bodensees?
Die Schweiz hat keine Bundes- oder Kantonsgartenschauen – mit den üblichen Klischees könnte man es dadurch erklären, dass das Land schon so idyllisch ist und so schön gepflegte Bauerngärten hat, dass es das nicht braucht. Regionale und lokale Veranstaltungen wie die offenen Gärten um den Untersee und die Rosenwoche in Bischofszell zeigen, dass es auch bei diesem Thema immer wieder neue Gründe gibt, die blühende Seite des Landes zu entdecken.
Text + Fotos: Patrick Brauns
Beitragsbild: Landesgartenschau-Gelände Singen, Skulpturen mit Hohentwiel