Die Welt in den Bildern von Kurt Lauer ist bunt. Seine Musik ist ungestüm. Eigen. Geht ins Ohr und ins Herz. Der Maler und Musiker aus Kreuzlingen (CH) hat am 11. Januar seinen 80. Geburtstag gefeiert. Wer den Künstler in seiner Ganzheit erleben möchte, hat dazu am 30. März in Pfullendorf Gelegenheit.
Ein verschmitzter Blick über den Brillenrand und ein freundliches Du-Angebot: „Ich bin der Kurt.“ Und schon tauchen wir ein in den Kosmos von Kurt Lauer, der von sich sagt, dass er gefühlt im Jahr 3000 lebe. Was sich direkt in seine Bilder hineininterpretieren und aus seiner Musik heraushören lässt. Lauer sagt: „Ich bin nicht als Künstler auf die Welt gekommen, aber habe als Kleinkind schon mit dem Malen und Musizieren begonnen.“
Mit Blümchen und Blockflöte
Vor 77 Jahren beginnt in Radolfzell, da ist er geboren, seine musikalische Laufbahn mit der Blockflöte. „Ich habe in jeder freien Minute geflötet.“ Der Dreikäsehoch spielt Melodien aus dem Gedächtnis. Seine Großmutter ist seine liebevolle Kritikerin. Noch früher beginnt er zu malen. „In dem Moment, in dem ich einen Stift halten konnte, habe ich gemalt. Seine Mutter versorgt ihn mit Kinderbüchern vom schweizerischen Maler Ernst Kreidolf. Zwerge, Blümchen, Tiere malt er ab. Es ist ein riesiges Erfolgserlebnis für den dreijährigen Kurt, wenn er einen Pilz zu Papier bringt. Seine pädagogisch klugen Eltern loben ihn und so wächst seine Leidenschaft für die Kunst. „Ich habe meiner Mama zum Muttertag ein Bild mit einem Schmetterling und einer Margerite geschenkt und sie hat sich sehr gefreut. Das hat mich motiviert beim nächsten Bild noch ein Krokodil dazu zu malen.“
Erst einmal was Vernünftiges lernen
Mit zwölf Jahren kauft er seine erste Tube Ölfarbe. Mit 13 Jahren marschiert er mit seinen Kinderbildern in eine Galerie in Radolfzell, davon überzeugt, dass er dort eine Ausstellung machen könnte – oder der Galerist ihm Bilder abkauft. Die Antwort, „Büble, lern du erstmal etwas“, entmutigt ihn nicht. Er lernt mit „Körben“ umzugehen. Denkt sich „Jetzt erst recht!“, wenn er in späteren Jahren Galerien abklappert. Kurt wächst in einer Beamtenfamilie auf. „Da lernt man einen anständigen Beruf“, erzählt Lauer augenzwinkernd. Er macht eine Ausbildung zum Vermessungstechniker beim Flurbereinigungsamt in Radolfzell und schließt mit Erfolg ab. Der junge Kurt erhält einen attraktiven Job in der Schweiz, wo er heute noch lebt, wird Bürochef für Grundbuchvermessung in einem bedeutenden Ingenieurbüro. „Die feine und ruhige Hand, die ich dafür gebraucht habe, hat sich sehr positiv auf meine Malerei ausgewirkt. Geometer zu sein, war insofern Kunst, als ich schreiben musste wie gedruckt“, sagt der Autodidakt und ergänzt: „Wer so malt wie ich, hat auf einer Kunstakademie nichts verloren. Meine Präzision habe ich nur durch enorm viel Übung erreicht.“ Zeichnen sei in seinen Augen das Fundament aller malerischen Kunst. Kurt Lauer stößt 1972 zur Künstlergruppe Thurgau. Viele der Künstler malen Landschaften. Dazwischen existieren seine „verrückten“ Bilder. „Damals sind bei Ausstellungen oft viele Bilder von uns verkauft worden“, sagt er.
Kurt wird Profi
Wichtig ist ihm auch der Moment, als er seinen Beruf aufgibt und sich fortan nur noch der Malerei und der Musik widmet. Das ist am 1. Januar 1974. Lauer ist 29 Jahre jung. „Seither bin ich Profimaler und Profimusiker. Das war ein verwegenes Abenteuer.“ Dank seiner Frau Hildegard, mit der er seit 58 Jahren verheiratet ist und die er liebevoll Hilly nennt, und mit Erspartem, wagt er diesen Schritt. Die ersten drei Jahre sind wirtschaftlich eine Durststrecke. Aber Hilly arbeitet und sie leben bescheiden.
Der „Lauerismus“ wird geboren
Kurt Egloff, väterlicher Freund, Landarzt und damals Präsident der Thurgauer Kunstgesellschaft prägt 1977 den Begriff des „Lauerismus“ – in seiner Laudation zur Vernissage von Kurt Lauers erster großer Ausstellung. Weil er Kurts Kunstform nicht einordnen kann, gibt er ihr kurzerhand diesen Namen. „Ich habe bei dieser Ausstellung 27 Bilder verkauft – das war für mich als Newcomer eine enorme Bestätigung“, erinnert sich der Künstler. Egloff bezeichnet seine Malerei als Weltsensation: „Aber eines sage ich dir Kurt, du malst hier in der Provinz am falschen Platz!“ Doch Lauer bleibt in der Provinz. „Im Nachhinein war das gut so“, sagt er. „Ich hatte nachhaltigen Erfolg und war nicht nur ein kurzes Strohfeuer.“ Über 5000 Werke malt er in diesen Jahren und organisiert ungezählte Ausstellungen an ungewöhnlichen Orten wie Autowerkstätten, Geschäften und Schulen. Über 30 Jahre lang ist er Lehrer für einen Fernkurs Zeichnen und Ölmalerei.
Bilder sind Musik, Melodien sind Bilder
Die Musik und unterschiedliche Bands gibt es immer parallel zur Malerei. Noten lernt Lauer nie, bringt sich alles selbst bei, spielt alles auswendig und kreiert eigene Toncollagen. „Malen und Musik sind vom Gefühl her dasselbe für mich. Meine Bilder werden oft als gemalte Musik interpretiert. Das ist schön. Musik ist für mich Farbe, Bewegung und Action. Ich will nicht darauf verzichten.“ Der Blockflöte folgen Klarinette und Saxofon. „Es gibt Jazzmusikerkollegen, die nicht gern mit mir spielen, weil ich sie mit meiner musikalischen Freiheitsliebe aus dem Konzept bringe“, gibt er lachend zu und auch, dass für das wirtschaftliche Überleben die Kombination aus beidem stets wichtig gewesen sei: „Nur als Musiker oder nur als Maler wäre ich verhungert. Viele Kontakte zu Kunstfreunden sind über die Musik gekommen.“ Zu ihrer Glanzzeit hatte seine Band Swiss-German-Dixie-Corporation, deren Leader er seit 1978 ist, einen Fanclub von 1200 Leuten.
Ein großes Kompliment
Rückblickend sagt er: „Meine Kunst war auch ein Weg zu mir selbst. In meinen Visionen und in meinen Bildern erzähle ich mit gutem Grund, dass ich gedanklich im Jahr 3000 lebe.“ Der Künstler freut sich deshalb sehr, wenn Kunstliebhaber seine Werke „futuristisch“ nennen. „Das ist ein großes Kompliment. Ich möchte mich gern so verstanden wissen: Ich bin unbedeutend – wichtig sind die Bilder, als Ergebnis meiner Visionen.“ Eine seiner Visionen einer möglichen Zukunft: Der Energieturm, den er längst entworfen hat. Aber das ist eine andere Geschichte.
Kurt Lauer hören und seine Werke sehen
Die Städtische Galerie „Alter Löwen“ zeigt derzeit Kurt Lauers Bilder noch bis zum 30. März im Alten E-Werk. Mira Krane, Leiterin des Pfullendorfer Kulturamtes sagt „Kurt passt als Maler und Musiker perfekt zu uns. Er hat menschliche Größe, ist spontan, unkompliziert, entspannt und geht die Dinge aktiv an.“ Sie haben ihn eingeladen, die Feier der 40-jährigen Partnerschaft mit Allschwil (CH) mit seinen Bildern zu bereichern. „Dass er zur Finissage am 30. März mit seiner Band Swiss-German-Dixie-Corporation bei uns spielt, ist ein super stimmiges Gesamtarrangement.“
Kurt Lauer in der städtischen Galerie „Alter Löwen“ im Alten E-Werk
bis 30.03./ Finissage, 30.03., 11 Uhrmit der Swiss-German-Dixie-Corporation
Eintritt kostenfrei
Bahnhofstr. 6
D-88630 Pfullendorf
Foto: © Susi Donner