Was ist der wa(h)re Wert von Grenzen, wenn jahrzehntelang gelebtes Miteinander in einem halben Corona-Jahr derart in Frage gestellt werden kann?

In unserer aktuellen Ausgabe dreht sich vieles um Gold und zeitlose Werte – da ist es durchaus sinnvoll, auch über andere Werte nachzudenken: Als Grenzregion – und nur als solche – ist diese Landschaft seit den beiden Weltkriegen zur Gewinnerregion avanciert. Die Wertsteigerung lässt sich eindrücklich an Immobilien- und Warenwertrankings, an Zuwächsen bei Bevölkerungs- und Besucherzahl, an Preis- und auch parallel Einkommenssteigerungen auf langfristigen Zeittafeln ablesen. Der besondere Reiz rund um den großen Teich ist nicht nur landschaftlich begründet, sondern auch durch die verschiedenen Ländergrenzen. Verschiedene Mentalitäten und gemeinsames Mit- oder wenigstens Nebeneinander beleben. Anders ausgedrückt: Wer hier lebt, wäre blöd, diese unterschiedlichen Mikrokosmen nicht wahrzunehmen – und wer hierher zu Besuch kommt sowieso.  

Doch kaum macht der Kronen-Virus der Krönung der Schöpfung Sorgen, wird reflexartig ein imaginärer Schutzmechanismus beschworen und schlagartig fallen Schlagbäume – und vielen Verantwortlichen leider nix Besseres ein. Dass die im Frühjahr geschlossenen Grenzen den unterstellten Effekt nicht haben konnten, weil es schlicht Unsinn ist, ziemlich gleiche (Lebens)Niveaus voneinander abgrenzen zu wollen, hat sich in der Folge als Erkenntniszugewinn ru(ndheru)mgesprochen. Immerhin. Auf lokaler Verwaltungsebene tauschen sich zum Beispiel Verwaltungen, Länder und Kantonsregierungen, aber auch Katastrophenschutz und Gesundheitsämter rege aus. Gegenseitige Hilfe, voneinander und miteinander lernen, und sich grenzübergreifend austauschen, erweist sich dabei als deutlich sinnvoller, als plump „dichtzumachen“. Ist allerdings eher langweilig, medial schwer vermittelbar und zähflüssig im Prozess.

Da sind martialische Ansagen deutlich griffiger. Wenn allerdings Landkreisbosse – wie zum Beispiel in Lindau – ihre Verwaltungen aktiv an Nichtschließungskooperationen mitwirken lassen, um beim Anstieg in Vorarlberg kurz vor dem Lockdown dort dann mediengerecht von „sinnvoller Grenzschließung“ zu schwadronieren, dann zeigt das nur eine mentale „Beschränkung“. Und auch umgekehrt: Wenn in Vorarlberg die heftig downgelockten Bewohner mit einem Drohszenario von fallenden Schlagbäumen ihrer restlichen kleinen Grenzfreiheiten beraubt werden, dann macht es das nicht besser. Die Besuchsfrequenzen in allen unterschiedlich regulierten Regionen rundherum lassen ohnehin massiv nach: Kultur, Handel und Gastronomie bestätigen das mit katastrophalen Minuszahlen grenzübergreifend. Vieles davon ist übrigens einer freiwilligen Zurückhaltung der durchaus mündigen Bürger geschuldet. Dass Viren mit Grenzzäunen nicht aufzuhalten sind, diese Erfahrung macht gerade die ganze Welt.  

In guten und in schlechten Zeiten helfen dagegen immer: Zusammenhalt und gegenseitige Wertschätzung!

Markus Hotz, Herausgeber akzent