Im Gegensatz zu den meisten Familienküchen stehen in den Profiküchen in der Regel Männer am Herd: Nur etwa 25 Prozent der gelernten Köche sind weiblich, und nur etwa drei Prozent der mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Küchenchefs in Deutschland. Wir haben uns rund um den See bei Köchinnen umgesehen und sind dabei auf große Leidenschaft und viel Pragmatismus gestoßen.
Milena Broger vom Weiss in Bregenz hat nach einem Abschluss an der Tourismusschule erstmal einen Ausflug ins Studienfach Jura gemacht, bevor sie feststellte, dass ihr der Nebenjob in der Gastronomie doch mehr Spaß machte, als Paragrafen zu wälzen. Sie hat sich in der (noch) Männerdomäne Küche mit viel Ehrgeiz behauptet, international Erfahrungen gesammelt und zwei Gault&Millau-Hauben erkocht, bevor sie sich mit zwei Partnern und dem Restaurant Café Bar Weiss selbständig gemacht hat. „Offen und unvoreingenommen“ geht sie an die Arbeit, über Geschlechterrollen macht sie sich keine Gedanken mehr: „Die Mischung macht es, sowohl im Service wie in der Küche. Ein bisschen weibliche Vibes tun ganz gut.“ Sie selbst nimmt sich als Führungsperson in der Küche gerne etwas zurück, ist eher auf Harmonie bedacht. Und doch ist ganz klar: „Eine Küche ist keine Demokratie, sondern hierarchisch organisiert. Da ist Präzision gefragt, alles muss auf den Punkt fertig sein. Da muss es einfach eine Person geben, die die Verantwortung trägt, auch für Kleinigkeiten.“ Nach dem langen Winter kann sie das Wintergemüse nicht mehr sehen, das haben wir bei allen unseren Interviewpartnerinnen rausgehört. Alle freuen sich auf Wildkräuter, auf frisches Grün, auf Spargel und Rhabarber. Das Weiss bietet eine übersichtliche Karte mit verschiedenen Menüs und Snacks. „Das 10-Gang-Menü kommt extrem gut an, da können wir zu einem guten Preis viel Überblick bieten.“
Auch Silvia Manser von der Truube Gais im idyllischen Appenzellerland offeriert den Gästen gerne durchdachte Menüs. Nach dem vielen Kohl und Wurzelgemüse stehen endlich Frühjahrsboten und regionales Ziegenkitz auf der Karte. Schon ihre Eltern hatten ein kleines Dorfwirtshaus, da war es für Silvia naheliegend, Köchin zu werden. „Bei mir in der Ausbildung ging es ziemlich rau zu, das war ein von Gault&Millau ausgezeichneter Landgasthof, da musste man sich ein ziemlich dickes Fell zulegen, aber Frauen und Männer waren gleichberechtigt.“ In ihrer eigenen Küche beweist sie, dass es auch mit einem moderateren Ton geht. Seit 21 Jahren betreibt sie gemeinsam mit ihrem Mann die Truube südlich von St. Gallen; er kümmert sich um den Service. Das Restaurant bietet maximal 35 Personen Platz, Küche und Service erfüllen allerhöchste Ansprüche. Junge Frauen, die sich für den Beruf interessieren, ermutigt Silvia Manser: „Man darf sich einfach nicht unterkriegen lassen, muss an sich selber glauben. Mädchen sind oft fokussierter und ehrgeizig, das ist dann eine tolle Arbeitsatmosphäre. Ich hatte auch schon nur Frauen in der Küche, das war super.“ Ist aber nach wie vor eher eine Ausnahme. Und momentan ohnehin schwierig, denn der Fachkräftemangel stellt viele Betriebe vor Probleme. Fast alle suchen qualifizierte Mitarbeiter.
Eine klassische Ausbildung im Hotel Colombi in Freiburg und beim 3-Sterne-Koch Dieter Müller im beschaulichen Bergisch Gladbach hat auch Alexandra Reck (Foto ganz oben) genossen. Heute leitet sie zusammen mit ihren beiden Schwestern Annette und Christine das Recks Hotel in Salem und ist Mitglied im Verbund der Linzgauköche. „Mit 16 waren die ersten drei Monate von zu Hause weg schon sehr hart, aber ich wurde gleich in einer Gastrofamilie aufgenommen, wenn man so will. Natürlich wurde viel verlangt, aber ich hab es gerne gemacht. Die Arbeit hat mir gefallen und gefällt mir immer noch. In einer großen Küche herrscht schon ein militärischer Ton, das muss man leisten wollen und können.“ Im Restaurant ist der Stress immer komprimiert auf wenige Stunden, einmal von 12 bis 14 und dann von 18 bis 21 Uhr, damit müssen die MitarbeiterInnen umgehen können. Mit einem Trick nimmt Alexandra Reck ein bisschen Druck aus der Speisekarte: „Wenn ich da Reh Bärlauch Kartoffel schreibe, dann weiß ja keiner, ob das Kartoffelbrei oder ein Gratin ist. So entstehen neue Kreationen, und das liebe ich an meinem Beruf. Es kommt immer was Gutes raus, wenn man Freude dran hat.“ Sie legt die Gastronomie jungen Menschen wärmstens ans Herz, denn „man kommt herum in der Welt und immer in eine Familie, egal ob in Südafrika oder Bergisch Gladbach.“
Wie Alexandra Reck betrachtet auch Tina Laakmann vom Biocatering und Restaurant Safran in Radolfzell ihren Beruf als Handwerkskunst. Schon vor 25 Jahren wollte sie vegetarisch kochen, deshalb hat sie keine klassische Ausbildung durchlaufen, die damals noch sehr fleischlastig war, sondern sich von verschiedenen LehrmeisterInnen inspirieren lassen. Die Prüfung hat sie dann als externe Teilnehmerin absolviert und bestanden, obwohl ausgerechnet Froschschenkelsuppe auf ihrem Aufgabenblatt stand. Gerade arbeitet sie mit einem Stipendium der Hochschule für Lebensmitteltechnologie in Weihenstephan an einer eigenen Produktlinie mit Chutneys und Gewürzmischungen. „Man lernt nie aus in diesem Beruf.“
Allen vier Köchinnen war früh klar, dass sie nur im eigenen Restaurant so wirken können, wie sie möchten. Mit großer Liebe zum Beruf, mit Leidenschaft, Kreativität und Kompetenz gestalten sie ein Arbeitsumfeld, in dem bei allem Stress ein freundlicher Ton und ein gutes Miteinander herrschen.