Kunst in Bilderrahmen oder Vitrinen? Austauschbar und aneinandergereiht? Das gibt es nicht im Kunsthaus Bregenz (KUB). Seine Architektur ist einzigartig, das Ausstellungsprogramm hat internationale Strahlkraft. Jetzt feiert das Kunsthaus Bregenz Jubiläum. Es wurde vor 25 Jahren eröffnet und gehört weltweit zu den bedeutendsten Häusern für zeitgenössische Kunst.
Außen Glas, innen Sichtbeton: Der preisgekrönte Schweizer Architekt Peter Zumthor hat den markanten Solitärbau, der sich nahe des Bodenseeufers befindet, entworfen. Die transparenten Glasschindeln, die die gesamte Fassade bedecken, verleihen dem Gebäude eine gewisse Leichtigkeit und streuen zugleich das wechselnde Tageslicht ins Innere. Hier erhellt es aufgrund einer ausgeklügelten Lichtführung mit Dreifach-Brechung alle Stockwerke des Kunsthauses. Wer es betritt, den zieht die Eingangshalle sofort in ihren Bann. Die nüchternen Betonwände lenken von nichts ab, nur die Kunst ist jetzt noch von Bedeutung. Kurzum: Ein Besuch im KUB beginnt mit der Raumerfahrung. „Die meisten Besucherinnen und Besucher verhalten sich hier anders als in einem Museum“, erzählt KUB-Direktor Thomas D. Trummer. „Sie antworten auf die Architektur. Für die Menschen bedeutet bereits dies ein unvergessliches Erlebnis.“
Auch die Kunst selbst tritt in eine Beziehung zu diesem Gebäude aus Glas, Stahl und Beton. Die Künstlerinnen und Künstler, die hier ausstellen, sind stets eingeladen, sich auf die Architektur einzulassen und eine Symbiose mit ihr einzugehen. Deshalb sind nicht nur die jährlich vier Ausstellungen, sondern auch ein großer Teil der gezeigten Arbeiten eigens fürs KUB konzipiert und geschaffen. Immer handelt es sich um Einzelausstellungen mit oft raumgreifenden Werken. „Wir widmen das gesamte Gebäude einem Künstler oder einer Künstlerin und investieren viel in die Ermöglichung“, erklärt Thomas D. Trummer. „Dadurch entstehen viele neue Produktionen. Sie sind nicht austauschbar und bleiben einzigartig.“
Mit diesem Konzept hat sich das Kunsthaus Bregenz ein internationales Renommee verschafft und seit seiner Eröffnung weit über 100 Ausstellungen gezeigt. Namen, die man sonst mit New York oder anderen Metropolen in Verbindung bringt, stehen regelmäßig im KUB-Programm. Thomas D. Trummer beschreibt die Bedeutung des vom Land Vorarlberg getragenen Hauses so: „Wer zu den besten 20 Künstlerinnen und Künstlern gehören will, muss einmal im Kunsthaus Bregenz ausgestellt haben. Im Bereich der zeitgenössischen Kunst ist es eine der besten Adressen der Welt – auch für die Region. Für viele Menschen gehört es zur Lebensqualität, die Ausstellungen im Kunsthaus Bregenz zu besuchen.“
Kunst bleibt jedoch nicht auf dieses Gebäude beschränkt, sondern wirkt in Bregenz auch in den öffentlichen Raum hinein – mit den legendären Billboards entlang der Seestraße. Dabei handelt es sich um sechs bis sieben Plakattafeln, die von den jeweils im KUB ausstellenden Kunstschaffenden als eigenständige Kunstwerke gestaltet werden. „Eine faszinierende Geschichte“, urteilt Thomas D. Trummer.
Im Jubiläumsjahr lässt das KUB die Kunst hochleben – in Bregenz und auch in Venedig. Auf der Biennale di Venezia präsentiert das KUB noch bis zum 4. Juli eine Ausstellung der beiden Künstlerinnen Anna Boghiguian und Otobong Nkanga, die sich mit Themen politischer Verantwortung befassen. Vom 15. bis 17. Juli ist ein Festwochenende in Bregenz mit einem reichhaltigen Programm voller Musik und anderer kultureller Angebote geplant. In der zweiten Jahreshälfte sind noch zwei Ausstellungen im Kunsthaus Bregenz zu sehen. Jordan Wolfson, der als „badboy“ der US-amerikanischen Kunst gilt, beschäftigt sich mit Gewalt und Fantasien im Zeitalter der Digitalisierung und zeigt Arbeiten beängstigender Virtual Reality (11.06.–09.10.2022). Anna Boghiguian, kanadische Staatsbürgerin armenisch-ägyptischer Herkunft, schafft farbige Collagen und Zeichnungen. Bekannt ist sie für menschliche Silhouetten, die sie zu Szenen räumlicher Bilder verdichtet (22.10.2022 – 23.01.2023). (rue)
Kunsthaus Bregenz
Karl-Tizian-Platz
A-6900 Bregenz
www.kunsthaus-bregenz.at
Beitragsbild: (c) Matthias Weissengruber
Text: Ruth Eberhardt