Im Grenzbereich der Politik hat man aus den ersten bösen Erfahrungen seit 2020 immerhin gelernt: keine Grenzzäune mehr über Wochen hinweg in Echt, stattdessen über Monate in Papier. Denn Papier macht geduldiger!

Wir erinnern uns ungern: Im März regte sich bereits unmittelbar nach Installation der teils martialischen Grenzzäune zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz hübenwiedrüben kreativer Protest rund um den See, der zur Invasion von sogar internationalen TV-Teams führte und mit den telegenen Bildern von sich durch Maschendrahtzaun berührenden Menschen vor allem in Deutschland Erinnerungen an die DDR weckte. Im „Sommer der Erleichterung“ wurde dann allerorten bis in höchste Politbüros wieder der Geist der Gemeinsamkeit beschworen, keine harten Grenzzäune sollten fürderhin die Bande des Miteinanders rund um den See jählings durchschneiden. Kurz: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Niemals je wieder!“ Ganzganzgroßes Ulbricht-Ehrenwort!

Doch mit ansteigenden Indizes stieg auch der öffentlichkeitswirksame Handlungsdruck; den Verantwortlichen in Baden-Württembergs Ministerien war die offene Grenze plötzlich nicht mehr grün, und in Bayern, wo gerne Härte mit Effektivität verwechselt wird, schwadronierten vom Ministerpräsidenten Söder bis hin zu Landräten aus den kleinsten Kreisen erneut die „Hard-Grenz-Liner“ über geschlossene und am besten bewachte Grenzen. Maschinenpistolen gegen Virenschleuder.

Was sollen geschlossene Grenzen denn auch bringen, bei ähnlichen Niveaus (so lernt man schon im Physikunterricht), bei ähnlich stetig schwankenden Indizes, bei ähnlichen Lebensstandards, vergleichbaren Gesundheitssystemen (die Schweizer mögen mir die Vereinfachung an dieser Stelle verzeihen!). Viral geht hier höchstens der Frust!

Doch entgegen landläufiger Meinung ist die Verwaltung im Stande, sogar rasch dazuzulernen, und war hier auf deutscher Seite in Sachen Grenzschließung bereits zum Jahresende wieder „auf Draht“: Statt in groben Stahlmaschen verfängt sich seitdem der Grenzverkehr nun allerdings im mit „heißer Nadel gestrickten“ Verordnungswirrwarr. Man dürfe ja sehr wohl und durchaus ins Nachbarländle, müsse dann aber je nachdem halt 14 Tage in Quarantäne bei Rückkehr. Allein die Vorstellung, als Einkaufstourist tatsächlich 14 Tage unfreiwillig im Hotel zu landen, schreckt ab. Auch aerosolkonforme Spaziergänge über die Grenze wurden plötzlich zum „atemberaubenden Abenteuer“, weil nichts Genaues weiß man nicht – und das ist gewollt. So ist die papierne Grenze nun über Monate faktisch undurchlässiger als die faktisch geschlossene im Frühjahr. Antiautoritäre Erziehung.

Zwar ungehinderten Blickes, aber sichtbar frustrierter blicken nun Menschen, Freunde, Unternehmer, Vereinigungen und Institutionen von hüben nach drüben, hegen nur noch „begrenztes Verständnis“. Der wirkliche Schaden indes ist kaum abzusehen und leider maximal ko(internationa)llateral …