Beim Wochenmarkt in den Städten, beim Hofladen im Hinterland, beim Bio-Händler – egal wo am deutschen, schweizerischen oder österreichischen Ufer: überall derzeit weniger Kundschaft, weniger Umsatz.
Wegen der Inflation entwickelt sich die meist höherpreisige (aber auch hochwertigere!) Bio- und regionale Ware plötzlich zum Ladenhüter. Einerseits mussten die Erzeuger die Preise aufgrund gestiegener Kosten anheben, andererseits schauen die Leute wieder aufs Geld und greifen zu „vermeintlich billigeren“ Produkten. In der Pandemie waren hiesige Anbieter noch Krisen-Gewinner, man hoffte, die Konsumenten hätten die Genuss-Region endlich nachhaltig für sich entdeckt.
Waren Schweine-KZs bis vor Kurzem noch mit Fug und Recht verpönt, erfreuen sich deren pseudo-heimelig-bunt-etikettierte Massenwaren wieder großer Beliebtheit. Schwein gehabt! Der Mensch vergisst. Vor allem, wenn’s an den eigenen Geldbeutel geht. Was interessiert denn auch das eigene Geschwätz von gestern?! Das deutsche Bundeslandwirtschaftsministerium hat in einer Untersuchung erst jüngst herausgefunden, dass 78% der „offensiv Befragten beim Kauf von Lebensmitteln auf Regionalität achten“. Wenn aber dann niemand mehr hinschaut, greifen sie zum ALDInativangebot. Denn die Zahlen zeichnen auf der anderen Seite der Theke ein ganz klares Bild: Die regionalen Anbieter in Bayern und Baden-Württemberg etwa haben derzeit nach Einschätzung der Landesbauernverbände mit rund 30 Prozent Umsatzeinbuße zu kämpfen. Der Trend gilt grenzübergreifend.
Hofläden und Markthändler, aber auch Dorfläden denken ans Aufhören – Übernahmen durch die eigenen Kinder oder junge Nachfolger sind sowieso schon die Ausnahme. Bauern, Metzger, Käsereien, Obsthöfe, Schnapsbrenner, Spezialitätenproduzenten und selbst junge Unternehmen, erst in den vergangenen Jahren als hippe Food-Start-ups gestartet, sind betroffen.
Mit ihnen verliert die gesamte regionale Wertschöpfungskette: Mitarbeiter, teils ganze Familien, Unternehmensgewinne, die vorzugsweise wieder regional reinvestiert werden, Ländereien und Liegenschaften, die gepflegt werden, eine ganze Diaspora von Zulieferern, Dienstleistern und Handwerkern. Auch die ehrgeizigen (Klima-)Ziele sämtlicher Bodensee-Anrainerstaaten. Dass die Agrarflächen, die zukünftig ökologisch bewirtschaftet werden sollen, um bis zu 25% zu steigern sind, ist kaum zu halten.
Paradoxerweise hätten die meisten Verbraucher unter unserem gemeinsamen D A CH im Schnitt ausreichend Geld für bessere Nahrungsmittel. Zwischen 12 und 15 Prozent des hier verfügbaren Einkommens werden nur für Lebensmittel aufgewendet. Im EU-Vergleich sehr wenig, alleine in Rumänien beträgt die Quote 28%. Und wofür geben die Menschen ihr hart verdientes Geld dann aus? Genau: für den „heiß“ geliebten Urlaub! Vielleicht haben wir als eine der führenden Reiseziele wenigstens da gewonnen?
Doch insgesamt geht die Reise grad in die vollkommen falsche Richtung!
