Lieber Peter Lenk,
analog zur Imperia hätte ich gerne eine prächtige Statue: die „Inkonsequenta“.

Diese könnte groß und weithin sichtbar eigentlich überall stehen. Kleinere oder mittelgroße Abgüsse böten überdies gleich zigfache ambulante Verwendungsmöglichkeiten, nicht nur hier in der weiteren Region. Zum Beispiel an den Mülltonnen am Straßenrand bei freitäglichen Demonstrationszügen, die – mit Coffee-to-go- oder sonstigen Bio-Smoothie-Becherchen und gerne auch bunten Plastikfläschchen beglückt – vor purer Lebensfreude geradezu überquellen.

Auch an den stylishen Verkaufstheken der hippen Kaffee-Gourmeees, die die leckere Morgen-Latte aus allerfeinster Fairtrade-Bio-Bohne von Indigo guatemaltekischen Kleinbauern handgepflückt und trockengestreichelt ebenso gerne im kunststoffwachsbeschichteten Pappbecher durch Billigplastik-Schnabeltassendeckel schlürfen, wäre diese Statue ein Blickfang.

Etwas größer dürfte sie schon sein, wenn sie bei den exponentiell wachsenden Open Air-Veranstaltungen überall rund um den großen Teich wahrgenommen werden soll. Leuchten die Augen der Fans nächtens noch im buntflirrenden Scheinwerferlicht und hat man sich gerade noch an „Love & a Better World“-Strophen heiser gesungen, bleiben tags darauf die leergefegten Discounter-Zeltstädte in der Mittagssonne zurück, wohl als mahnenden Fingerzeig für Flüchtlingslager irgendwo in der Welt.

Foto: Viviane Mewes

In Konstanz ist der ideale Platz zwar schon durch die Imperia belegt, aber auch hier im „Klimanotstandsgebiet Nummer 1“ würde sie sich gut machen, die Inkonsequenta. Denn wo fein- und glitzerfunkelzerstäubende Knallkörper am seenächtlichen Festhimmel gleich hunderttausend angestaute Menschen begeistern, wäre ein großes Mahnmal an dieser Stelle sicher „erhellend“ in achsodunklen Zeiten.

Im Reisegepäck macht sich dagegen eher die ganz kleine Statue gut, am besten gleich neben dem einem Roman des nobelbepreisten Ungarn Imre Kertész, der gerne als Anti-Diktatur-Literat bezeichnet wird. So macht das Lesen Spaß: Ein gutes Buch am Strand, sagen wir mal, der Türkei, von Ägypten oder Thailand, die sich als Urlaubsziel ja gottseidank wieder berappelt haben. Denn der Geübt-Reisende weiß: Vor allem in totalitären Regimen ist es am sichersten. Zumindest für uns westliche Touristen.

Auch während man hier als stöhnender Eingeborener den Gästeheerscharen trotzt, lohnt ein genervter Blick zur dekorativ halbhohen Statue auf dem Kaminsims des Lieblingsladen- oder Restaurant Geheimtipps: Was wollen die alle nur hier?! Denn – so saugt es das Eingeborenenkind schon mit der Muttermilch auf – die naturgegebene Schönheit der Landschaft gehört schließlich nur uns.

Und so warten wir denn endlich auf den regnerischen Sommer oder den zu heißen, ärgern uns über graue Tage oder die viel zu hohen Preise wegen trockenheitsbedingter Ernteausfälle, langweilen uns Drinnen bei ungewöhnlich nasskalten Tagen oder stöhnen über die Hitze, die die Klimaanlage selbst auf höchster Stufe nicht mehr packt.

Oder schimpfen am besten über alles gleichzeitig – ganz konsequent.