Der See wird Jahr für Jahr wärmer – gut so! Denn dann wird er als zukünftiger Energiespeicher umso wertvoller.
Statt der Verspargelung der Landschaft zur Energiegewinnung lockt die landschaftsverträglichere – weil kaum sichtbare – Vertauchsiederung der Unterwasserwelt. Das Prinzip des Tauchsieders – also Energieeintrag in Wasser zur Erhitzung – ist denn auch der gewünschte Effekt, bloß halt etwas langsamer: Im Sommer Gebäude kühlen durch Abgabe von Wärme in den See vermittels Wärmetauschpumpe und im Winter grad umgekehrt. Sollte kollektiv genügend Restwinterwärme entzogen werden, dürfte auch eine Seegfrörne endlich in erreichbare Nähe rücken. Die Winterdestination Bodensee – der schwitzigfeuchte Traum jedes sommergeplagten Touristikers am See – würde endlich wahr werden!
„Langsam“ ist bei der Form der Wärmetauscherei im See ohnehin das Zauberwort: Derzeit bestehen zwar rund um den See bereits 20 Anlagen, die Kälte und/oder Wärme aus dem See nutzen, doch zumeist befinden sie sich in öffentlicher Hand. Die enorm langen Amortisationszeiträume erschweren hier die Privatinvestitionen noch erheblich. Und auch wenn bereits minimale Anreize der Förderung bestehen, so scheut sich der gemeine Bauherr dann doch, dafür noch taugliche Alt-Heizungen herauszureißen und durch neue Technologie zu ersetzen: Hier funktioniert der „Wärmetauschhaushalt“ also noch nicht.
Wenn dereinst die Fische quasigekocht geangelt werden, dann kann auch das restliche Ökosystem erstmal ignoriert werden – die Entnahme von Wärme würde ja dann als Eingriff sinnvoll, um irgendwanninweiterenvielenhundert Jahren wieder angenehmste Badewassertemperatur erlangen zu können.
Aber jetzt heißt es erstmal: Aufwärmen die Brühe, aber zackig! Im Strandbad Wasser lassen ist somit neuerdings ohne schlechtes Gewissen als „zukunftsorientierter Energie-Eintrag“ zu werten! Denn 2022 müssen alle Anrainer-Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern (ob dazu auch Ferienwohnungen gezählt werden?) einen Energierichtplan vorlegen. Enthalten müssen diese zwingend eine „Auflistung möglicher Standorte für große Wärmepumpenanlagen zur Nutzung der Wasserwärme aus See- und Flusswasser“.
Wenn übrigens unserem großen Tümpel Wärme von einem Gigawatt Heizleistung entzogen werden würde, würde sich das Oberflächenwasser um unfassbare 0,1 Grad Celsius im Jahresschnitt abkühlen. Ein Gigawatt sind eine Milliarde Watt und entsprechen der Leistung eines im Atom-Aargau handelsüblichen Kernkraftwerkes. Mit diesem Gigawatt errechnen Fachleute die Effizienz möglicher Wärmetausch-Simulationen für den großen Teich. Belegt ist damit übrigens, dass der See ein deutlich größeres Potenzial als dieses eine Gigawatt besitzt. Dieses zu nutzen wird allerdings noch etliche Jahrzehnte dauern. „Riesiges Potenzial! Aber dauert halt …“
Solch warme Worte hört man hier nicht nur in Sachen Energiegewinnung des Öfteren …
Markus Hotz, Herausgeber
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