CH – Muri/ D – Pfullendorf | Jacqueline Straub will katholische Priesterin werden. Allerdings gibt es da ein Problem: Sie ist eine Frau. Noch dazu ist sie jung, verheiratet und ehrgeizig. Die Reformen, die sie sich für ihre Kirche wünscht, bringt sie gerne öffentlich zur Sprache – auch in Büchern.
Jacqueline Straub, die aus Oberschwaben stammt und im Kanton Aargau lebt, verfolgt im Grunde ein aussichtsloses Unterfangen. Denn nur ein getaufter Mann, der sich zum Zölibat verpflichtet, kann Priester werden. Das will die überzeugte Katholikin nicht widerspruchslos hinnehmen. „Seit meiner Jugend spüre ich eine riesengroße Sehnsucht nach den Aufgaben eines Priesters: Sakramente, Eucharistie, Seelsorge und Predigt. Dieser Ruf ist sehr stark“, sagt die 27-Jährige. Pilgerfahrten und der Dienst als Ministrantin in ihrer Heimatpfarrei Pfullendorf hätten diese Berufung immer stärker wachsen lassen. Sie studierte dann katholische Theologie in Freiburg i.B., Fribourg und Luzern. Heute arbeitet sie als Journalistin, Referentin und Buchautorin. Ihr neues Buch erscheint Ende August im Patmos-Verlag, fordert Reformen für die nachfolgenden Generationen und heißt „Kickt die Kirche aus dem Koma.“
Das klingt kämpferisch und spielt auf ihr Hobby an: Die Theologin boxt. Sie will aber nicht gegen, sondern für ihre Kirche kämpfen – weil sie sie liebt. „Die katholische Kirche ist meine Heimat“, erklärt sie. Wegen ihres Kampfes für Strukturveränderung werde sie oft angefeindet. „Das hat mich am Anfang verletzt. Jetzt schließe ich diese Menschen ganz tief in mein Gebet ein.“ Viel häufiger bekomme sie positive Reaktionen. „Die meisten sagen, dass sie mein Engagement mutig finden und dadurch neue Motivation für ihre eigenen Ziele finden“, erzählt sie. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihrem Anliegen habe sie von offizieller Seite noch nicht erfahren. Aber sie weiß, dass sie wahrgenommen wird. „Der Dialog findet nicht mit mir persönlich, aber in der Öffentlichkeit statt“, sagt sie.
Was würde sich ändern, wenn es Frauen im Priesteramt gäbe? „Die halbe Kirchenbevölkerung wäre nicht mehr diskriminiert“, sagt die 27-Jährige. Das würde ihrer Überzeugung nach auf die ganze Gesellschaft ausstrahlen. Vor allem in Ländern, in denen Frauen unterdrückt werden, würde es zu einer Befreiung der Frauen kommen. „Ich glaube, dass es weniger Armut und Ungerechtigkeit gäbe, wenn Frauen als gleichwertig eingestuft würden.“
Dass Papst Franziskus, der schon einige Reformen angestoßen hat, das Frauenpriestertum einführt, glaubt sie nicht. „Es steht nicht auf seiner Agenda.“ Seine Themen seien Umwelt, Frieden und Gerechtigkeit. „Damit stößt er aber eine Entwicklung an, die auch für Frauenfragen wichtig ist: Das starre und machtzentrierte System wird nicht mehr so ausgeprägt sein“, meint Jacqueline Straub. Und was wird aus ihrem eigenen Wunsch, Priesterin zu werden? „Ich lebe in der Hoffnung, dass ich es schaffe“, sagt sie. „Und wenn ich es nicht schaffen sollte, dann habe ich es wenigstens versucht.“
Text: Ruth Eberhardt | Foto: Meli Straub