Freitag und Samstag gehören zu den liebsten Wochentagen von Katharina Müller. Denn da steht sie hinter der Ladentheke, bedient Kunden, unterhält sich mit ihnen und freut sich über das schöne Feedback, das sie häufig zu ihren Produkten und zu ihren Mitarbeitenden erhält. Katharina Müller führt mit ihrer Schwester Sonja gemeinsam in dritter Generation die Bodenseemetzgerei Otto Müller. In diesem Jahr feiern sie den hundertsten Geburtstag ihres Familienunternehmens.

Hundert Jahre sind eine stolze Zeit in einer Branche, die vom Aussterben bedroht ist. Die Bodenseemetzgerei Otto Müller ist dabei eine sehr agile und frische Hundertjährige, die mit den Jahren gesund gewachsen ist und heute modern, leistungsstark und serviceorientiert in die Zukunft blickt. Als Otto Müller sen., der Großvater der beiden Geschäftsführerinnen, vor hundert Jahren als junger Metzgergeselle nach Konstanz kam und den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat, waren die katholischen Konstanzer dem protestantischen Württemberger alles andere als geneigt. Das ist heute ganz anders.

Regionalität und Qualität

Die Konstanzer sind froh, neben den Fleischtheken in den Supermärkten ihre letzte handwerklich und regional arbeitende Metzgerei vor Ort zu haben. Denn immerhin gab es in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg 38 Metzgereien in der Konstanzer Innenstadt. Bis auf die Bodenseemetzgerei Otto Müller sind alle verschwunden. Warum das so ist, sei schwer zu sagen, aber „der bürokratische Aufwand ist enorm und macht es dem Lebensmittelhandwerk schwer. Dazu sind Industriebetriebe unsere Wettbewerber. Deren Produkte sind nicht mit unseren vergleichbar, dennoch müssen wir uns mit ihnen vergleichen lassen. Das ist für viele Metzgereien ein Grund, das Geschäft aufzugeben“, vermutet Katharina Müller.

In den vergangenen hundert Jahren hat sich viel verändert. Was aber seit der Firmengründung gleichgeblieben ist, sind das Qualitätsversprechen und der Fokus auf Regionalität. Viele der Landwirte, von denen Otto Müller sen., und ab 1961 sein Sohn Otto Müller jun., Katharinas und Sonjas Vater, die Tiere erhalten hat, sind bis heute über Generationen hinweg ihre zuverlässigen und treuen Partner. Das Tierwohl habe höchste Priorität. Der Umgang miteinander sei stets fair. „Das ist großartig und für alle Seiten ein Gewinn“, sagt Katharina Müller. Auf der Internetseite der Metzgerei werden ihre Partner transparent vorgestellt.

Otto Müller Stammhaus in der Konstanzer Rosgartenstraße

Mit Respekt und Achtsamkeit

Ihrem Qualitätsversprechen werden Müllers in vielerlei Hinsicht gerecht. Mit Dieter Rimmele haben sie den perfekten Kontakt zu den Landwirten: Er besucht die Höfe, sucht mit Bedacht die Tiere aus, die gerade in der Produktion benötigt werden, kauft sie direkt dort ein und holt sie bei Bedarf sogar selbst ab. „Achtsamkeit macht einen entscheidenden Teil vom guten Stück Fleisch aus. Fleisch sollte keine anonyme Massenware sein. Der Genuss ist ein anderer, wenn ich weiß, wo das Fleisch herkommt, wie das Tier aufgewachsen ist und dass es bis zum Ende gut behandelt worden ist. Ich finde es schon aus Respekt vor den Tieren wichtig, das Fleisch zu genießen“, betont Katharina Müller. Als nächstes haben Müllers den gesamten Produktionsprozess von der Zerlegung des Fleisches bis zu den fertigen Produkten ihres reichhaltigen Sortiments in eigener Hand und verwenden dafür nur hochwertige Zutaten aus der Region.

Ein echter Nahversorger

Dazu kommt ein umfassender Servicegedanke und der Wunsch ihrem selbst gestellten Auftrag gerecht zu werden, die Nahversorgung für alle in Konstanz Lebenden zu sichern und zu bereichern. So ist beispielsweise der täglich wechselnde Mittagstisch ein beliebter Anziehungspunkt. Er wird im Bistro in der Rosgartenstraße (übrigens ein echtes Schmuckstück, in dem es laut dem „Hincooker“ den besten Cappuccino in Konstanz gibt), und in den Filialen im LAGO-Shoppingcenter, im Kaufland und in Überlingen angeboten. Herausragend sind die vorgegarten und mit viel Liebe zubereiteten Exklusivgerichte, die es nur in der Rosgartenstraße gibt. Sie werden von den Kunden zu Hause mit wenig Aufwand fertiggekocht und nach Belieben ergänzt. Gerade ältere Menschen, Alleinstehende oder jeder, bei dem es mal am Familientisch schnell gehen muss, greift dankbar darauf zurück.

Die Sortimentserweiterung mit Obst und Gemüse in der Rosgartenstraße ist ein weiterer Service für Kunden in der Innenstadt, die sich so mit kurzen Wegen, zeitsparend und komfortabel mit den nötigen Lebensmitteln versorgen können. Und die Bodenseemetzgerei setzt noch einen Mehrwert obendrauf, indem sie ihr gesamtes Sortiment auf Wunsch auch zu ihren Kunden nach Hause liefert.

Geschäftsführerinnen in dritter Generation: Katharina (li) und Sonja Müller | (c) Ulrike Sommer, www.schattenlichtfarbe.de

Catering: Otto Müller ist auch für Feste gut

Ein weiterer Geschäftsbereich ist das Catering: Ob Cocktailempfang zur standesamtlichen Hochzeit, Firmenjubiläum, Geburtstag oder Familienfest, von der zehnköpfigen Freundesgruppe bis zum Megaereignis mit bis zu tausend Personen – die Bodenseemetzgerei Otto Müller bietet von der Häppchenplatte bis zum Komplettservice jede Unterstützung für ein gelungenes Event.  

Was noch wichtig wäre

Fleisch und Wurst zu essen, hat heute eine ganz andere Bedeutung als zur Gründungszeit des Familienunternehmens. Damals gehörten die Metzger zu den Grundversorgern der Bevölkerung – auch wenn früher sehr viel weniger Fleisch und Wurst gegessen wurden. In vielen Familien gab es samstags Suppenfleisch, sonntags Braten und das war es meist auch schon. Fleisch war etwas Besonderes. Ein Luxus. Heute scheiden sich die Geister und die Ernährungsweisen. Aber was ist richtig, was ist falsch? „Die Entscheidung über die eigene Ernährung muss jeder für sich selbst treffen. Ich halte eine ausgewogene Ernährung für wichtig. Wir Menschen sind evolutionsbedingt Allesesser und erhalten aus dem Fleisch viele Nährstoffe – gerade auch im Wachstum“, versichert Katharina Müller. Den Ersatzprodukten für Fleisch und Wurst, die die Lebensmittelindustrie auf den Markt bringt, stehe sie kritisch gegenüber. Die Inhaltsliste sei sehr lang. Für Soja etwa, das um die halbe Welt kutschiert werde und für dessen Anbau Wälder abgeholzt werden, sei die Ökobilanz sicher nicht besser als für ein gutes Stück Fleisch von hier. „Beim Fleischkonsum kommt es darauf an, welches Fleisch ich kaufe und wie oft. Das ist der Unterschied, auf den es ankommt.“ Und genau deshalb ist es wichtig, dass es Betriebe wie die Bodenseemetzgerei Otto Müller gibt, die sich diesem Unterschied verschrieben haben.

Die Region stärken

Ein weiterer Aspekt: „Ich finde es wichtig, dass wir die Landwirtschaft in der Region erhalten“, sagt Katharina Müller. Es seien bereits erschreckend viele Höfe verschwunden, was keine positive Entwicklung sei. „Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe, die kleinen Mischbetriebe, die ein bisschen Ackerbau betreiben, Obst anbauen, Tiere halten, ihr hofeigenes Futter herstellen und dazu vielleicht noch Urlaub auf dem Bauernhof anbieten, zu stärken.“ Das sei gelebte Regionalität. Für sie sei schon früh, als junge Frau mit etwa 19 Jahren, klar gewesen, dass sie die Unternehmensnachfolge antreten würde. Dabei habe tatsächlich bereits der Wunsch, die regionale Landwirtschaft zu stärken und zu erhalten, eine entscheidende Rolle gespielt. Sie studierte Betriebswirtschaft und stieg 1995 ins Unternehmen ein. Ihre Schwester Sonja folgte nach ihrem Betriebswirtschaftsstudium. Gemeinsam führen sie das Familienunternehmen, denn: „Wir finden es wichtig, dass inhabergeführte, handwerklich produzierende Lebensmittelbetriebe wie der unsere am Markt bestehen bleiben.“

Gut beraten und bedient

Das Allerwichtigste jedoch sind die Mitarbeitenden, „die unsere Produkte herstellen, sie im Verkauf ins Rampenlicht stellen, unsere Kundinnen und Kunden mit Freundlichkeit und Kompetenz beraten und bedienen. Das unterscheidet uns offensichtlich von den anonymen Produkten aus der Lebensmittelindustrie“, betont die Geschäftsführerin. Die Bodenseemetzgerei Otto Müller beschäftigt mehr als hundert Mitarbeitende, verzeichnet kaum Fluktuation und ist beliebter Ausbildungsbetrieb in der Produktion, im Verkauf und im kaufmännischen Bereich. Im aktuellen Ausbildungsjahr haben vier Auszubildende ihren Berufsweg bei Otto Müller gestartet. Unter anderem über Praktika finden die jungen Leute in den Betrieb, während derer sie Einblicke hinter die Kulissen erhalten und sehen, wie vielfältig und spannend diese Berufe und die Ausbildung dazu sind.

Obwohl Katharina Müller eher kaufmännisch orientiert ist, ist sie freitags und samstags im Laden. Sie pflegt den direkten Kontakt zu den Kundinnen und Kunden und sieht so, wie ihre Produkte in der Ladentheke ankommen. „So bekomme ich das ungefilterte Feedback, bin greifbar, präsent, ansprechbar und kann ein Stück Vertrauen geben.“ Was sie besonders freue, sei, wenn sie sehe, „dass Kunden bei uns gut beraten und bedient werden“. Dazu gehörten auch Tipps, welches Fleisch zu welchem Gericht besonders gut passe. Denn ein Rind bestehe nicht nur aus Lende und Filet, sondern habe weitere sehr gute Stücke. Die Aufgabe eines verantwortungsvollen Metzgers sei es, das ganze Tier anzubieten. Sie selbst esse von den Wurstsorten am liebsten Salami und Leberwurst und beim Fleisch liebe sie Rib-Eye und Suppenfleisch.

Optimistisch in die Zukunft

Katharina und Sonja Müller haben bereits die Weichen für die Zukunft gestellt – unter anderem mit ihrem modernen und kundennahen Sortiment und ihrem Fokus auf Dienstleistung. „Es ist uns wichtig, mit der Zeit zu gehen, uns topaktuell zu präsentieren. Unsere Läden sind modern und schön – Kunden und Mitarbeiter fühlen sich darin wohl – so gesehen kann eigentlich nicht viel schiefgehen“, meint Katharina Müller aufgeräumt und ergänzt: „Veränderungen geschehen immer schneller, aber ich denke, die Kundinnen und Kunden werden immer mehr dafür sensibilisiert, was sie wo und wie einkaufen. Das ist ein klarer Pluspunkt für die Metzgerei. Dazu sind wir in einer wunderbaren Region beheimatet, die touristisch geprägt ist, wovon wir profitieren. Denn wir beliefern auch die Gastronomie und den Lebensmitteleinzelhandel, und da tut uns die Nähe auch gut.“

Und die Nachfolge im Familienunternehmen? Die scheint gesichert. „Moritz, der 22-jährige Sohn meiner Schwester Sonja studiert aktuell ebenfalls Betriebswirtschaft. Er arbeitet ab und zu bei uns mit. Beim letzten Mal hatte er so viel Freude daran, dass er uns verraten hat, er könne es sich gut vorstellen, ins Unternehmen einzusteigen.“ Moritz Müller könnte also die vierte Generation sein und die Philosophie weiterleben, die der Firmengründer Otto Müller sen. vor vielen Jahren an seinen Sohn Otto jun. (der im Oktober 2023 im Alter von 92 Jahren gestorben ist) gerichtet hat und die bis heute gelten: „Junge, solange über der Eingangstür Otto Müller steht, kommt nur das in die Ladentheke, was wir selbst mit Genuss und Appetit essen!“

Zeitschiene

1923: Metzgermeister Otto Müller sen. gründet in der Rosgartenstraße seine Metzgerei.

1928: Otto Müller sen. eröffnet seine erste Filiale in Wollmatingen.

1961: Die 2. Generation, Otto Müller jun., übernimmt die Unternehmensführung.

1975: In der Max-Stromeyer-Straße 49 wird ein neuer Produktionsbetrieb eingeweiht.

1983: Mit den Standorten Überlingen und Litzelstetten erweitert sich das Filialnetz.

1990: In der Byk-Gulden-Straße wird ein eigener Schlachthof gebaut.

1995: Die 3. Generation, Katharina Müller, tritt in die Geschäftsleitung ein.

1997: Der Produktionsbetrieb wird nach EU-Richtlinien umgebaut, das Ladengeschäft „Kilomarkt“ entsteht. Gleichzeitig wird die Zulassung in der Schweiz erworben.

2004–2007: Filialeröffnungen Lago-Center & Kaufland Konstanz sowie Umbau der Hauptfiliale

2023: Die Schwestern Katharina und Sonja Müller leiten gemeinsam das Unternehmen

Filialen

Konstanz
Rosgartenstraße 20 (Feinkost Bistro)
Max-Stromeyer-Straße 49 (Kilo-Markt)
Bodanstraße 1 (im LAGO-Shoppingcenter)
Carl-Benz-Straße 22 (im Kaufland)
Martin-Schleyer-Straße 39 (im Edeka nah und gut)
Staader Straße 2-4 (im EDEKA Frischemarkt Baur)
Überlingen
Münsterstraße 12
www.otto-mueller.de

Text: Susi Donner

Beitragsbild: UlrikeSommer, www.schattenlichtfarbe.de