Im April haben wir schon viel mehr Licht als im März, Ostern ist für viele auch ein Fest der Lichter, und in der Architektur ist das Licht sowieso ein zentrales Thema.

Fabriken und Kirchen

Große Fenster waren eine der wichtigsten Errungenschaften der modernen Architektur, und je größer sie sind, desto weniger ist man auf künstliches Licht angewiesen.

Es gibt aber Gebäude, bei denen zu viel Sonnenlicht nur eher stört, sodass sie indirekt oder künstlich beleuchtet werden müssen. Das sind vor allem Museen und Kunstgalerien, aber auch Industriegebäude. Bei Museen werden oft nicht transparente Glasscheiben verwendet, wie beim Kunsthaus in Bregenz. Für Fabrikhallen wurde schon im 19. Jahrhundert das Sheddach entwickelt, das aus mehreren hintereinanderliegenden Pultdächern besteht, zwischen denen sich jeweils ein fast senkrecht stehendes, nach Norden gerichtetes Fenster befindet. Dadurch kommt genug indirektes Licht in den Raum, selbst wenn er keine Fenster an den Seitenwänden hat. Eine größere Sheddachhalle des ehemaligen Siemens-Geländes wird in den nächsten Jahren einer neuen Nutzung zugeführt. Ein besonderes Beispiel einer solchen Halle ist die Goldzackhalle in Gossau (westlich von St. Gallen), bei der das Dach nicht aus horizontalen Elementen besteht, sondern aus Kreisbogensegmenten.

Wie bei gotischen Kathedralen sind die Architekten dabei an die Grenzen des statisch Möglichen gegangen, denn die Betonschalen sind nur 7 bis 12 Zentimeter dick. Der Bau gilt deshalb als eine Ikone der Industriearchitektur der 50er-Jahre und ist auf jeden Fall einen Umweg wert. Während der Öffnungszeiten des Fitness-Centers, das sich seit 2016 darin befindet, kann man auch hineinschauen.

www.update-fitness.ch/Gossau

Im April ist auch das Osterfest – für die christlichen Gemeinden das Fest des Lichts, das in die Welt und die Kirchen kommt. Deshalb hier ein Hinweis auf eine wenig bekannte Kirche, die durch eine Renovierung wieder in neuem Licht erstrahlt: Die Kirche Zum Guten Hirten im Nordosten von Friedrichshafen, nahe dem Flughafen, wurde nach Plänen von Wilfried Beck-Erlang erbaut und 1962 eingeweiht und wirkt von oben, aus einem der aufsteigenden Flugzeuge, wie eine Muschel, der Glockenturm erinnert an eine schützende Hand. Wer den Kirchenraum betritt, wird nicht von Beton, sondern von warmen Holzwänden empfangen. Auf den zweiten Blick erkennt man dann bei den Fenstern das Prinzip des Sheddachs um 90 Grad gedreht: Die Holzwände haben senkrechte Stufen, durch die das Licht von den Seiten her zum Altarraum kommt. Die Kirche steht seit 2006 unter Denkmalschutz, 2017/2018 wurden die Bauelemente aus Stahl, Holz und Glas restauriert.

Moden und Roben

Vor Kurzem hat das Modehaus Heikorn in Singen von sich reden gemacht durch seine neue Innenbeleuchtung, mit der die Kleider und Jacken noch besser ins rechte Licht gesetzt werden. Bei Geschäftshäusern hat jede Maßnahme der Innenarchitektur und der Einrichtung letztlich den Zweck, die Kundschaft zum Kauf zu animieren und damit den Umsatz zu steigern. Ganz anders ist es bei öffentlichen Gebäuden, also Schulen und Ämtern, Kultur- und Verwaltungsbauten. Hier geht es darum, dass sich die Nutzer gut aufgenommen und wenn möglich auch wohlfühlen.

Ein aktuelles Beispiel ist das Konstanzer Landgericht, das nordwestlich des Münsters in der Altstadt steht. Es besteht aus einem barocken Altbau aus dem 17. Jahrhundert und einem modernen Neubau von 1965, der die Bescheidenheit und das Streben nach Transparenz in der Nachkriegszeit zeigt. Beide Teile waren unter verschiedenen Aspekten renovierungs- und modernisierungsbedürftig, und diese Gelegenheit wurde auch genutzt, um die öffentlichen Bereiche wie Flure und Warteräume durch neue Beleuchtungselemente dezent in Szene zu setzen und damit ansprechender zu gestalten.

Das Ziel war hier zunächst die bessere Orientierung, aber auch das Wohlfühlen der Besucher und Nutzer des Gebäudes. Ein Gericht soll ja die angemessene Strenge ausstrahlen, aber die Leute nicht abschrecken. Um das zu erreichen, wurde sowohl mit gerichtetem Licht als auch mit diffusem Licht gearbeitet, also mit offen sichtbaren und mit hinter Verkleidungen bzw. Leisten verborgenen Lichtquellen. Die Natursteinböden werden direkt angestrahlt, die weißen Wände werden dagegen indirekt beleuchtet. Die Beleuchtung im Treppenhaus des Altbaus kommt von hängenden LED-Röhren, die zusammen wie ein Kunstwerk erscheinen.
(Architekt: Tilmann Weber, Lichtkonzeption: Viktoriya Schiefer)
www.landgericht-konstanz.de, www.ruffweber.de