Live-Musik oder besser noch Live-Kultur insgesamt hat ein schweres Leben.

Als Hintergrundkulisse von TV-Serien ist sie immerhin noch gern gesehen, die sogenannte „Live-Kultur“. Da folgt der Cop (neudeutsch für Schupo) dem Zwielichtigen oder gar der verwunschenen Schönen in einen Nachtclub und im glitzernd-dezenten Ambiente geht im Hintergrund – kurz angeteasert vermittels Kameraschwenk – eine extrem coole Jazzband und im Vordergrund ein langweilig gestanzter Krimiserien-Dialog „über die Bühne“. So können wir irgendwann wenigstens noch im „Filmarchiv der schlechten Serien“ bewundern, was man wohl unter „Live-Konzert-Szene“ dereinst mal verstand.

Die Realität sieht nämlich heute ganz anders aus: In die Kneipe, irgendwo auf dem Land oder in der Nebenstraße eines Schtädtles rund um den See, verirren sich um ein paar selbstausbeuterisch-auftretende Musiker bei einem idealistischen Wirt (gerne auch mal in Personalunion als der „Schwager des Schlagzeugers“!) lediglich eine Handvoll Gäste. Live is life!

Sind die Musiker jung, glauben sie immerhin noch an den „großen Durchbruch“. Fragt man dagegen die abgeklärt-älteren Klangkünstler, dann spielen die „eigentlich nur für uns selbst“. So tauscht man wenigstens einmal im Jahr den Kellerprobenraum-Mief gegen das gleißende Scheinwerferlicht im Dorfgasthof. Immerhin gibt’s Bier in beiden Locations reichlich.

Zumeist aber ist das Publikum nicht nur mickrig, sondern auch knickrig. An dem einen Euro „Getränkezuschlag für Live-Musik“ stören sich die Gäste bereits beim zweiten Glas. Der verschämte Zuschlag wird sowieso nur erhoben, weil sich der Gastwirt nicht traut, den Fünfer Eintritt zu nehmen: „Sonscht kommt ja gar keiner mehr!“ Das „Live-Risiko“ als Lebensrisiko: Gott bewahre, wenn die nix taugen und man tatsächlich einen Zehner dafür ausgegeben hätte – und auch noch kostbarste Lebenszeit?

Im Kino hingegen wird pro Nase gerne bereitwillig mehr Eintritt bezahlt, dazu jeweils noch ordentlich in Getränke und Popcorn investiert, die schon beim gefühlt 30 Minuten Werbe-Vorfilm komplett inhaliert sind. Und nicht selten kommen dann anderthalb Stunden später achselzuckende Filmfans aus dem Lichtspieltheater getröpfelt: „Naja, ging so, der Film.“

Während man also bei Filmkonserve bereitwillig das doppelte Abendbudget investiert, bleibt bei „frisch zubereitet“ der Geldbeutel seltsam zugeknöpft (anklingende Parallelen zur Küche sind hier übrigens beabsichtigt). Dass der Künstler vom Applaus lebe, missversteht man gerne als „nur vom Applaus“. Doch während für die meisten Angestellten der „wertschätzende Umgang“ nebst „adäquater Entlohnung“ ein vertraglich geregeltes Selbstverständnis ist, wechselt die Perspektive vor der Musikbühne leider auch dahingehend.

Dabei heißt es doch nicht „umsonst“ und schon gar nicht bei Live-Erlebnissen: „Leben und leben lassen“!

Markus Hotz, Herausgeber

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