Zeit für neue Perspektiven – schließlich sind wir das Magazin für die Großstadt Bodensee!
Als wir diesen Claim vor rund zwanzig Jahre einführten, um zu ver(sinn)bildlichen, dass wir für das gemeinsame Ganze sowie die Urbanität am See und in der Region stehen, kamen sofort Bedenkenträger, die unkten, „Großstadt“ impliziere ja auch „Wolkenkratzer“, und das wolle man doch wohl keinesfalls?

Äh. Nee. Damals lag das so fern wie die Vorstellung, Windräder würden dereinst das Seeufer vom Hinterland aus panoramabeglücken. Doch der „Wind of Change“ sorgt mancherorts für Rücken-, andernorts für Gegenwind. Und frischer Wind weht bekanntlich oben am heftigsten, was mich zum eigentlichen Thema bringt: Baut endlich mehr Hochhäuser, und wenn möglich aus Holz!
Derzeit ist weltweit in angesagten Metropolen (London, Amsterdam, Hamburg) der Wettkampf um das „höchste Holzhaus der Welt“ eröffnet. Im Windschatten der wirklichen Skyscraper entstehen 300 Meter hohe Wohn- und Bürotürme aus warmem, CO2-neutralem, modernem, regenerativem, oft regionalem Holz. Modern verarbeitetes Holz ist übrigens auch in Sachen Brandgefahr deutlich besser als Stahl, drum stützen sich Lagerhallen der höchsten Brennstoffgefährdung zwingend auf Holzpfeilern. Also: Viele Vorbehalte gegen Holzhochhäuser – wenig dran.
Okay. Aber die hohen Dinger stehen dann in der schönen Landschaft rum? Da wäre der Aspekt der Zersiedelung: Viele kleine Bauklötzle machen auch keine tolle Gegend. Höhe versus Landschaftsverbrauch – ein breites Diskussionsfeld. Lang und breit lässt sich auch über Höhe streiten: „echte“ Hochhäuser beginnen qua Definition erst ab 20 Metern – was spräche gegen vergleichsweise niedrige Acht- oder Zehngeschösser, wenn man denn schon keinen „richtigen Skyscraper“ mit 300 Metern wünscht? In Dornbirn steht der „acht“bare LifeCycle-Tower von Rhomberg als Vorzeigeprojekt, angenehmst eingebunden in ein ansonsten recht unattraktives Gewerbegebiet. Könnte übrigens auch 20 Geschosse problemlos erreichen, denn das Hybrid-Holz-Betongebäude ist günstiger, schneller und schlauer erstellt als vergleichbare Gebäude. Architekten mögen es aber nicht besonders, weil es deren Job extrem vereinfacht: die Vorfertigung spart Zeit und Geld und reduziert auch Kreativität (ergo die Rechnung). Die Ingenieure in Vorarlberg haben allerdings ein so hohes Know-how, dass sie weltweit bei den Vorzeige-Projekten gebucht werden. Know-how von hier. Holz von hier.
Wäre neben dem Hegautower in Singen nicht noch Platz für vier oder fünf weitere wirklich gut gemachte Hochhäuser, die im „Gewerbegebiet“ den Hohentwiel modern kontrapunktieren? Sowas geht in Tuttlingen, Ravensburg, St. Gallen ebenso problemlos. Und würde der Skyline von Friedrichshafen ein wenig Chicago nicht besser zu Gesichte stehen als das, was es jetzt ist? Wo sonst ließen sich Urbanität, Modernität und Ökologie nebst Ökonomie besser verSINNbildlichen, als an diesem urbanen Sonnenufer?
Holzhochhäuser passen gut gemacht auch woanders hinein. Nur nicht in viele Holzköpfe …

Markus Hotz, Herausgeber
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