Ach herrlich: Der See trocknet aus und wir sind alle Sorgen los!
Ist der See erstmal weg, sind es auch alle Gäste und Touristen, Böötlefahrer und Wassersportler, Luxus-Ruheständler und sonstige Panorama-Schmarotzer. Endlich!
Kein Stau mehr mit alltäglichen Sonntagsfahrern, die die herrliche Aussicht auf den Bundesstraßen am liebsten kolonnenparkend genießen, dabei ordnungsdiensteifrig unterstützt von tourismusfreundlichen Gemeinden, die zwecks entschleunigter Betrachtungsmöglichkeit der anmutigen Durchgangsstraßenarchitektur vorsorglich auf Tempo 30 setzen.
Keine Ferienwohnungen mehr, die ganze Gemeindeteile bislang veröden lassen oder einst quirlige Mehrfamilienhäuser in zeitgeistrenovierte Halbjahresgeisterhäuser verwandeln.
Alle Hotels werden zu betreuten Wohneinrichtungen oder Seniorenresidenzen umfunktioniert; jeder zweite Hotelbau gleichzeitig für die vielen Pflegekräfte als Luxuswohnheim – so werden gleich zwei Zukunftsprobleme gelöst.
Weil außer Einheimischen keine Sau mehr hier leben möchte, können endlich auch die Hochschulen rundherum extensiv ausgebaut werden – Studentenwohnheime und WGs sind ja im Überfluss vorhanden, nicht zuletzt, weil jedes zweite Gasthaus auch schon dichtgemacht hat. Studi-Unterkünfte mit See-Anstoß werden die Regel.
Auf den vielen Dorf- und Weinfesten allerorten ist man auch mal endlich wieder unter sich; in den übrig gebliebenen Restaurants und bei den wenigen Händlern wird man als vereinzelter Kunde freudigst begrüßt und servil umsorgt.
Und das vertrocknete Bodenseetal (so sind übrigens die meisten Täler in den Alpen in den Jahrmillionen entstanden!) kann überdies mit Entlastungs-Autobahnen, Zugtrassen – Namensvorschlag „Seeweg“?! – und nicht zuletzt mit unfassbar vielen Millionen Kubikmeter Baubeton großzügigst erschlossen werden. Alle Städte am Ufer haben plötzlich Expansionsraum im Überfluss, jedem verbleibenden Ureinwohner steht laut IBK-Verordnung ein eigener Golfplatz zur Verfügung. Herrliche Zeiten brechen an!
Apropos Zeiten – wenn sich hier gerade Städteplaner im feuchten Traum wähnen, einen klitzekleinen Haken hat das Ganze schon: Der „große Teich“ trocknet nämlich selbst wegen solcher Hitzesommer wie 2018 nicht annähernd aus (wie übrigens auch anno 2003 nicht, als es noch heißer war, aber das haben alle eh schon verdrängt). Er verschwindet in 40.000 Jahren einfach so, mit oder ohne Sommergluten.
Der Bodensee schüttet sich sozusagen selber zu. Der Rhein lässt reinlaufen. Schwemmt jährlich ohne Ende Sand- und Kiesmassen aus den mittlerweile auch mehr staub- als schneebedeckten Hängen der Alpen heran. Und zwar so lange, bis der See aufgefüllt ist und zu etwas wie Sumpf und Moor mutiert, mit einem mäandernden Rhein-Rinnsal dazwischen. Tja: Bis dahin müssen wir die Pfütze halt noch ertragen. Mit allen liederlichen Begleitumständen.
Was hilft? Einfach noch ein paar Jahre demütig drüber hinwegseen …
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