Dick ist das neue „big thing“ in der Mode.

In Großbritannien war die TV-Dokumentation „Plus Size Wars“ der Auslöser für eine „breite“ gesellschaftliche Diskussion, die auch über Kontinentaleuropa an die Bodenseeufer schwappte: „fette“ Schlagzeilen machte da nicht nur der Brexit. Das Kampagnenvideo der Marke Lane Bryant läutete die Gegenbewegung ein, der Hashtag ImNoAngel soll dazu (ver)führen, dass auch Frauen, die mehr wiegen als Victoria’s Secret-Engel, sich sexy fühlen.

Viele Geschäfte im hippen London verkaufen ihre Kleider nun zusätzlich in Übergrößen, die Industrie sekundiert mit „breit“ angelegten Kampagnen mit „zunehmend“ molligen Models. „Fat & fabulous“ lautet der allerletzte Schrei, mit dem übergewichtige Frauen zuhauf die Shops stürmen sollen. In der Tat das „Allerletzte“.

Jahrzehntelang haben ebenso magersüchtige Designstars „Size Zero“ proklamiert und die Modemagazine photo-geshoppte Fabelwesen als Schönheitsideal proklamiert; dazu hat flankierend eine ganze Industrie mit Diätprodukten an den unrealistischen Träumen von Frauen Milliarden verdient. Jetzt also statt buliminös voluminös! Wenn es nach dem Willen der Modemacher geht, sollen sich Frauen „sichtlich wohler in ihrer Haut fühlen, weniger ausgegrenzt und besser repräsentiert“. Die Realität, in der die Mehrheit der Menschen nun mal zu Übergewicht neigt, als Spiegelbild der Mode? Ist also in Wahrheit gar „Ehrlichkeit“ der neue Modemegatrend?

Nein, es geht in der Tat um „mehr“: Geschäftstüchtige Labels versuchen einfach, Übergewicht als Trend zu verkaufen, um eine Gruppe mit überaus großer Kaufkraft endlich für sich zu gewinnen. Es geht ums „dicke Geschäft“! Doch sowohl Untergewicht als auch Übergewicht sind ein gesundheitliches Problem. Übergewicht leider „zunehmend“ – logischerweise auch bei Männern. Mit Männern lässt sich halt in der Mode nur nicht so „fett Kohle“ machen. Im Heimatland von Miss Twiggy sind mittlerweile über 60 Prozent übergewichtig, auch in Kontinentaleuropa und logischerweise auch unserer idyllischen Region steigen die Zahlen über 50 Prozent weiter an. Weltweit sterben deutlich mehr an den Folgen von Über- als an Untergewicht. Fette Geschäfte locken.

Und die überhysterische, maximalinszenierte und selbstoptimierende SM-Gesellschaft (steht nicht nur für Social Media!) kann man nur beeinflussen, indem man neue Vorbilder schafft und diese ständig penetrant verbreitet, möglichst auf allen Kanälen.

Normal ist das natürlich nicht (sic!) und es wird leider noch dauern, bis die sich ständig hektisch überschlagenden Modewellen irgendwann mal auf „Normalmaß“ einpendeln werden. Beides – zu dick, zu dünn – ist zu doof! Einfach aus „think big“ schlicht „think“ machen. Mal was „weglassen“ als Trend …

Markus Hotz (Autor von Mode-Di(c)ktat)

Markus Hotz

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