Musik gewordener Protest

Ihre Musik hat schon immer verzaubert und Konzertbesucher*innen egal zu welcher Jahreszeit in sommerliche, gut gelaunte Stimmung versetzt. Mit ihrem neuen Album „Amazônia“, das am 10. März erscheint, schlägt Bê Ignacio auch nachdenklichere Töne an.

Die beiden Heimatpunkte São Paulo und Konstanz sind nicht nur weit voneinander entfernt, sondern auch sehr verschieden. Exakt aus diesen Gegensätzen schöpft Bê Ignacio auf ihrer nunmehr sechsten Studioeinspielung eine andere, eindringlichere Spielart brasilianischer Musik. Innerhalb von fünf Jahren sind die neuen Songs weitgehend in Amazonien entstanden. Brasilien ist ein Lebensgefühl, dem sie mit ihrer Musik intensiv Ausdruck verleiht. Amazonien, der tropische Regenwald, von dessen Gesamtfläche sich mehr als die Hälfte auf brasilianischem Territorium befindet, ist Heimat einer beispiellosen Bio-, Kulturen- und Ethnien-Diversität, für deren Erhalt sie sich einsetzt.

Soziale Ader
Nicht nur die Musik, auch die politische Situation in Brasilien ist der deutsch-brasilianischen Sängerin und Komponistin eine Herzensangelegenheit. Zusammen mit dem Jazzmusiker und Trompeter Nils Wülker hat Bê Ignacio bereits Anfang 2019 einen Song geschrieben mit dem Titel „Amazonia“, denn schon damals waren die Bedrohung der Indigenen und die Vernichtung des Regenwaldes seit dem Regierungsantritt von Präsident Bolsonaro auf ein unerträgliches Maß gestiegen. Kurz nachdem der heute abgewählte Rechtsaußen-Präsident Brasiliens ins Amt kam, hielt die indigene Aktivistin und Anwältin Vandria Borari aus Amazonien einen Vortrag über die Lebenssituation der Stämme des Regenwaldes in Konstanz. Daraus resultierte nicht nur ein enger Dialog, der Bê Ignacio schließlich zum Encontro des Aguas führte, sondern auch die von ihr mit initiierte Initiative Pro Amazonia Konstanz e.V. Als stellvertretende Vorsitzende will sie über die verheerende Lage des Regenwaldes und seiner indigenen Bevölkerung informieren, unterstützt und begleitet Projekte.

„In Konstanz haben wir zusammen mit einer Gruppe toller Leute den Verein Pro Amazonia gegründet, für Klimaschutz und Menschenrechte. Wir haben sogar eine Klima Partnerschaft zwischen Konstanz und den Boraris, einem indigenen Volk im Amazonas, auf die Beine gestellt.“

Bê Ignacio

Musikalische Wurzeln
Leitmotiv von „Amazônia“ ist das Wertschätzen von Freude und aufbauendem Handeln als Gegenentwurf zum Zerstörerischen. Oder um es mit Bê Ignacios Worten zu sagen: „O valor de alegria“ – die Verehrung der kleinen Momente der Gemeinsamkeit können Großes bewirken, seien sie anfänglich auch noch so zerbrechlich. Bê Ignacios neues Album ist damit eine wunderschöne Form des musikgewordenen Protests. Es zeigt mit Liebe zur Menschheit, zur Musik und zur Kraft des menschlichen Geistes Alternativen zum Gegeneinander auf.

Die neuen Songs klingen sinnlich, liebevoll und mysteriös. Das Aufeinandertreffen von Streichquartett, Stimme, Gitarre, unaufdringlicher Percussion und Holzblasinstrumenten zollt Ignacios musikalischer Sozialisation erstmals umfänglich Tribut. Die geschmeidigen Rhythmen und ihre Stimme spiegeln klar ihr Heranwachsen in São Paulo. Der Sinn für Streicher und klassische Harmonien sind Teil ihrer abendländischen Wurzeln. Bê Ignacio lädt zum Andersentdecken brasilianischer Musikkultur ein.

www.bê.com

Pro Amazonia
Pro Amazonia Konstanz e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für den Schutz des Amazonas und seiner indigenen Bevölkerung einsetzt. Vereinszweck ist die Förderung des Umweltschutzes und der Entwicklungszusammenarbeit unter Teilhabe der lokalen Bevölkerung sowie die Unterstützung von Selbstorganisation und identitätsstiftenden Maßnahmen indigener Gemeinden. www.proamazonia.de

Text: Stefanie Göttlich
Beitragsbild: (c) Holger Hage