Grenzenlose Urlaubsregion? Pustekuchen!
Wir sind vorwiegend industriell geprägt (wer’s nicht glaubt, liest es hier in der Ausgabe nach).
Und Grenzen los. Neee. Auch die sind wir nicht losgeworden, die kommen grad wieder. Alles machbar Herr Nachbar? Mitnichten!
Kommt man jetzt irgendwo rund um die große Pfütze an irgendeinen bedeutsameren der Grenzübergänge, etwa von Österreich nach Deutschland oder von der Schweiz nach Deutschland, dann wähnt man sich 36 Jahre zurück. Nicht nur, dass damals das akzent zum ersten Mal erschienen ist und die Idee hatte, „grenzübergreifend“ endlich für urbane Transparenz zu sorgen, also was sich wann wo wirklich lohnt, entdeckt, erkundet und ausprobiert zu werden. Nein, man trifft plötzlich auf „alte Bekannte“, die urplötzlich auftauchen und freundlich, aber bestimmt ins Auto linsen: uniformierte Zollkontrollen, die im Autostau, dem Bus oder Zug mal wieder vorbei- resp. genauer „nachschauen“. Hatte man früher allerdings eher das Schwarzgeld von Steuerflüchtigen im Fokus, sind es heute ganz andere Flüchtlinge, die den Aktionismus hervorrufen. Das Boot ist zunehmend auch am See voll und die Kapazitäten ächzen allerorten.
Die deutsche Hü-Hott-Innenministerin lässt darum die Kavallerie an den Grenzposten patrouillieren; also macht entgegen monatelangen Dementis letztlich doch genau das, was Bayern schon lange publikumswirksam vor-södert. Und schafft unter dem Beifall national-konservativer Bevölkerungsschichten zwar vermeintlich Ordnung vor Ort, sorgt aber gleichermaßen für Unordnung jeweils über der Grenze. Denn wenn die Deutschen ihre Süd-Grenzen kontrollieren, müssen natürlich Schweizer und Österreicher ihrerseits an den Grenzen, vor allem ihren Südgrenzen, patrouillieren. Vorbei die Zeit, als man nachts an menschenleeren Zollhäuschen vorbeikam, an denen Neonröhren gemütlich im Abendwind schaukelten. „Beschaulichkeit“ wird nun anders gedeutet.
Doch des einen Leid, des anderen Freud: Wenn der Nachbar „zu“ macht, muss der andere Nachbar eben auch zuschauen, wie er klarkommt. Und kann halt nicht mehr einfach Flüchtlinge dutzendfach in St. Margrethen in den Zug nach Deutschland schicken und freundlich hinterherwinken. Auch ne Wahrheit!
Plötzlich verschluckt sich der nationalpatriotische Politiker selbst an der Suppe, die er da angerührt hat: Wenn alle Nationalstaaten ihre Grenzen für Flüchtlinge maximal schützen, ist die gute Nachbarschaft plötzlich belastet – denn jeder weist ja die Menschen einfach „zu den netten Nachbarn“ zurück. Also ist das bislang als viel zu gutmütig belächelte Deutschland plötzlich wieder der böse Deutsche. Und wer am Ende genügend Grenzpolizei aufbietet, hat das traurige Spiel medienwirksam gewonnen. Die hat übrigens keiner der drei Anrainerstaaten: Fachkräftemangel, Überbürokratie, Babyboomer hören auf … kennt man ja auch aus anderen Berufszweigen. Darum wurde zum Start dieser Bundesgrenzspiele erstaunlicherweise dort intensiv kontrolliert, wo Kamerateams und Journalisten hingeeilt waren, um live zu berichten. Genau am (natürlich breiten und offenen) Grenzübergang nebenan „verflüchtigte“ sich diese mediale Aufmerksamkeit.
Also schön ist an einer seeumgreifenden Nachbarschaft offenbar, wenn immerhin der Nachbar schafft
– das schaffen wir!