„Bäd“ – also englisch für suboptimal – ist die derzeitige Situation beim „Schwimmenlernen“ allemal. Wurden wir früher von der burschikosen Tante kurzerhand in den See geschubst und lernten ganz schnell freischwimmen ohne „Freischwimmer“, braucht’s dafür heute einen ganzen Pool an Papierkram, bevor Nesthäkchen den ersten Schwimm-Flügelschlag tätigen dürfte.
Obschon direkt an der größten Trinkwasser-Pfütze schlechthin, mit zumeist recht flach zugänglichen Gestaden, dürfen die lieben Kleinen mittlerweile nur im öffentlich-rechtlich abgesegneten Norm-Pool lernen. Chlorreiche Entwicklung: Denn weil den Gemeinden zusehends das Geld ausgeht, Schwimmbäder per See ein gekacheltes Fass ohne Boden sind, werden mehr und mehr Bäder einfach für jeglichen Schwimmunterricht eingeschränkt zugänglich gemacht, gesperrt oder eh gleich für alle zugesperrt. Im Geld schwimmt längst keiner mehr: Selbst Friedrichshafen, das sich vor wenigen Jahren mit 30 Mio. Euro noch das teuerste Hallenbad am Bodensee gönnte, kämpft mit einem ausgetrockneten Kapital-Fluss.
Und wie früher im Entenmarsch dem Lehrkörper hinterher ans Ufer und ab dafür, geht halt nimmer: Dafür gibt’s nämlich kein „Kreuzchen“ auf den Richtlinien der seitenstarken Antragsformulare, den die jeweiligen Lehrer auszufüllen und peinlichst genau einzuhalten genötigt sind.
Im Resultat können gerade hier am großen Teich viele Kinder (und manch Erwachsener sowieso!) schlicht nicht mehr schwimmen! Wär’s nicht tragisch, könnte man sogar darüber lachen, dass Flüchtlinge gerne mal staunend an Brücken stehen, den mutigen Springern dort zuschauen und sich sagen: „Kann ich auch.“ Ja – springen vielleicht. Aber schwimmen sollte man dann halt schon auch können …
Und „schwimmen können“ hängt eben auch damit zusammen, irgendwo im Schwimmunterricht „schwimmen zu können“. Zu den fehlenden Bädern gesellen sich noch Personal-Engpässe hinzu: Immer mehr schick und natürlich gestaltete Strände und Uferabschnitte am See sollen von immer weniger DLRG-Ehrenamtlichen gesichert werden, der Bademeister hat sowieso längst „ausgedient“ und sogar den fast akademischen „Fachangestellten für Bäderbetriebe (*innen und außen) will niemand mehr erlernen. Vorbei die Zeit, als „Baywatch“ Generationen von badetextil-orange-gewandeten Fans in die Ausbildungsbetriebe gespült hat. Trillerpfeifend am Beckenrand überhitzte Aggro-Jugendliche zur Ordnung rufen zu wollen, verlangt ohnehin Zusatzausbildungen im Nahkampf. Mit etwas Glück regelt sich das Problem im hormongestauten Becken ja auch von selbst (große Fresse ist bei Nichtschwimmern im Tiefen halt kein Evolutionsvorteil).
Anyway: Wer an der Stelle vom Untergang des Abendlandes unkt, ist nicht per See ein Querdenker. Doch paradoxerweise gibt’s für jeden Trend einen Gegentrend. Und so schwimmen derzeit so viele Menschen rekordverdächtig wie noch nie kreuz und quer durch den See. Mal in ganzen Horden von Ufer zu Ufer, mal alleine längs und quer. Mal die Älteste, der Schnellste oder das Jüngste. Mal sportlich gestählt, mal gehandicapt. Rekorde werden ersonnen und erschwommen (siehe auch wieder in dieser Ausgabe akzent).
Auch Rundrum-Schnorcheln gab’s schon. Ich warte an sich nur noch auf den ersten Menschen, der apnoe den ganzen See erfolgreich durchtaucht. Probiert haben sollen es ja schon einige …
Markus Hotz,
Herausgeber
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Beitragsbild: (c) Mirjam Schultheiß