An den Traum von der eigenen Gastronomie tasten sich Quereinsteiger auch mal mobil ran. In Foodtrucks kann experimentiert und ausgetestet werden, was geht und Spaß macht. Gerade während der Pandemie wurde Streetfood bei uns immer populärer. Gute Ideen und ebensolche Qualität sind Grund dafür, dass sie so beliebt sind.

Slowfood im rollenden Restaurant
Tapha Nije kam vor ungefähr zehn Jahren nach Europa. In Gambia, seinem Heimatland, studierte er Kunst und Geschichte. In Deutschland entschied er sich für eine Ausbildung zum Koch, die er 2021 abschloss. Schon vorher hatte er in der Küche gearbeitet und positive sowie aufgrund seiner Herkunft leider auch negative Erfahrungen gesammelt. In seiner Kochlehre lernte er Spätzle, Maultaschen und Braten zuzubereiten, aber auch karibische Speisen. Diese sind den Afrikanischen sehr ähnlich. „Sie haben nur andere Namen“, sagt Tapha Nije. Als er vor fünf Jahren an den Bodensee kam, kannte er kein Restaurant, in dem afrikanisches Essen angeboten wird. Er wollte der Erste sein und so den Europäern seine Kultur näherbringen. Seine Gründungsphase fiel mitten in die Pandemie. Ein Restaurant zu eröffnen, war viel zu riskant. „Ich habe während der Corona-Zeit gesehen, was alles passieren kann. Ich wollte selbstständig sein, aber alles sprach gegen ein fixes Restaurant.“ Also entschied sich Tapha Nije für ein bewegliches, einen Foodtruck.

Afrika schmecken macht glücklich
Seit April 2022 bekocht er in seinem „Happy Corner“ die Gäste auf Festivals, Feiern oder an privaten Standorten zur Mittagspause, wie zum Beispiel dienstags in der Bücklestraße in Konstanz, beim Gassenfreitag in der Konstanzer Niederburg, auf Musik-Festivals oder Hochzeiten. Vor allem in Konstanz sei es nicht einfach, eine Genehmigung für einen öffentlichen Stehplatz zu bekommen. Die etablierten Restaurants hätten hier Vorrang und in der Stadt gäbe es viel günstiges Essen. Tapha legt Wert auf gute Zutaten. Er bildete sich fort zum Slowfood-Koch. Sein Gemüse bezieht er regional von der Reichenau, was hier nicht wächst, bekommt er im Asia-Laden – wie zum Beispiel Maniok oder Yams. Einige Zutaten bringt er direkt aus Gambia mit, wenn er über die Wintermonate seine Familie besucht. „Erdnusssoße hält lange, das kann ich selbst importieren“, erklärt der glückliche Foodtrucker. Im Happy Corner stehen sieben Hauptgerichte und drei Fingerfoods auf der Karte. Okra-Spinat mit Reis, Gemüse mit Erdnusssoße, Fufu – ein Brei aus Maniok oder Yams und Kochbananen – gehören natürlich dazu, ebenso wie Puff Puff, süße oder salzige frittierte Hefeteigbällchen. Mit seinem Foodtruck hat er – wie der Name sagt – immer eine gute Zeit. Dass er auf gut gelaunte Leute trifft, hängt sicher damit zusammen, dass auf Streetfood-Festivals oder Musik-Events eine besondere Stimmung herrscht. „Da sind Leute, die Spaß haben wollen und die Freiheit genießen“, sagt Tapha, der aber irgendwann doch noch sein eigenes Restaurant eröffnen möchte. Mit dem gleichen Konzept wie mit seinem Truck Happy Corner.
Happy Corner | www.happycornerfood.de

Foodtruck ohne Räder
Ein weiterer Slowfood-Fan ist David South. Bei ihm lief aber alles umgekehrt. Er arbeitete schon immer irgendwo in der Gastro, ob in der Küche oder dem Barmanagement. 2018 kam er mit seiner Frau von England nach Vorarlberg. Anfangs war er in einer Fensterfabrik tätig, hatte aber schon damals den Plan, sich irgendwann selbstständig zu machen. Seine Idee war es, einen Bus zum Foodtruck auszubauen, wie er es aus seiner Heimat kannte. „Aber dann habe ich gelernt, dass die Regeln in Österreich sehr streng sind.“ Für einen Foodtruck brauche es Standards wie für ein Restaurant. Mit den Genehmigungen wurde es viel zu kompliziert. „Also dachte ich mir, okay, dann wird es eben ein Restaurant“, sagt David South. „Spuds“ gibt es nun seit zweieinhalb Jahren in Hohenems. Die Eröffnungsphase fiel voll in die Corona-Zeit. Aber er ist glücklich über seinen „Foodtruck ohne Räder“, wie er seine „Grumprarei“ nennt. Denn der Innenausbau und die gesamte Atmosphäre sowie das Angebot erinnern an Streetfood. Die Küche ist offen, der Innenraum geht in die Terrasse über, die Bar ist erhöht. „Wie bei einem Foodtruck“, schwärmt David South. Spuds ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für Kartoffeln; Grumprarei leitet der Küchenchef und Gründer von Grumpra, einem vorarlbergischen Dialektwort für Kartoffel, ab. Denn das Knollengemüse bildet das Herz von Spuds: Ofenkartoffeln in verschiedensten Variationen, ein Streetfood aus England, das zu Lagerfeuern, Festivals oder in die Kneipe gehört – einfach und ehrlich. Was in Österreich nur als Beilage gereicht wird, ist bei Spuds die Hauptspeise.

Kochen mit Liebe und Zauberei
Wie so viele Foodtrucker hat David South keine Ausbildung zum Koch. Er hat viel gesehen und viel gelernt bei seinen Jobs in der Gastrowelt. „Ich bin kein Sternekoch. Für uns ist aber wichtig: Alles, was wir machen, ist Soulfood.“ Das Geheimnis sind „Liebe und richtig gute Zutaten“. Es sei kein kompliziertes Essen, „aber es ist ein bisschen Zauberei dabei“, so der Kartoffelspezialist. Zum Standort kam David South über Freunde, die er von der Solawi kannte. Er ist Anteilnehmer bei einer Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) und bezieht auch sein Gemüse von regionalen Bauern. Nachhaltigkeit ist für ihn ein großes Thema, und Hohenems wurde ihm als ein Ort empfohlen, an dem dieser Gedanke auf Gegenwind stoße. „Spuds“ sieht er noch in der Entwicklungsphase, doch es gibt bereits ein Stammpublikum. „Der Stil meines Restaurants ist hier einzigartig. Die Speisekarte bietet nicht viele Optionen, alles ist ohne Fleisch, es ist Streetfood“, erklärt David South. Besonders schwärmt er von seinen Tages- oder Wochenspecials: Hier schaut er, was der Bauer gerade an Gemüse hat und macht daraus etwas Leckeres. Die Leute schätzen seinen Ethos: Regionalität und Nachhaltigkeit. Diese bezieht sich nicht nur aufs Essen, sondern auch auf die gesamte Einrichtung. Sein Ziel ist ein respektvoller Umgang in allen Bereichen.
Spuds | www.spuds-hohenems.com/

Langer Weg bis zum perfekten Oldi
„Hyppsie“ nennen seine Eltern liebevoll ihren Citroën Typ H. Die Eltern sind zu dritt: Hans-Joachim Graf, Anna-Maria und Michael Allweier. Offiziell heißt der Franzose „Über´n See“ und ist ein ganz besonderer Foodtruck. Seit über 20 Jahren sind Anna-Maria und Michael Allweier ein Paar. Beide lieben Oldtimer und gute Qualität von Speisen und Getränken. Sie besuchten Oldtimer-Messen und bewegten sich in der Foodtruck-Szene, um zu schauen, was es so gibt, wie es die anderen machen, wie die Busse ausgebaut werden können. 2017 erfüllten sie sich schließlich ihren Traum gemeinsam mit Annas Bruder Hans-Joachim. „Hyppsie“ ist ein aus zwei oder drei Oldtimern zusammengebauter Truck. „Hans-Joachim hatte beim Händler in Frankreich geschaut, welche Teile zusammenpassen könnten“, erzählt Michael Allweier. Dann kam er in die Karosserieschmiede nach Serbien und von dort zurück nach Frankreich, wo der Wagen 16 Monate lang restauriert wurde. Anschließend folgte ein dreimonatiger Ausbau von einem Schreiner am Bodensee. Heute kann sich „Über´n See“ wirklich sehen lassen – ein wohl einmaliger Foodtruck in der Bodenseeregion. Der Name spielt auf Überlingen, seine Heimat, an. Aber auch auf Übersee, wo einige Produkte herstammen.

Begegnungen sind Motor für den Truck
Das Angebot richtet sich nach den Kundenwünschen. „Wenn wir selbst bestimmen können, wählen wir Produkte aus der Region wie Inselbier von der Reichenau, Weine aus Überlingen oder Meersburg, Gin von der Destillerie Senft.“ Anna Allweier gab früher schon Weinführungen fürs Staatsweingut in Meersburg oder das Weingut Kress in Überlingen. Sie kennt sich bestens aus mit Weinkultur. Auch bei den Speisen setzen sie auf Qualität, ob bei italienischen Anti-Pasti, portugiesischen Sardinen oder französischen Platten. Michael zählt auf: „Wir können 40 Personen mit Essen und 120 mit Getränken bewirten.“ Ihre Leidenschaft ist ihr Hobby, aus dem sie auch Kraft schöpfen für den Alltag. Denn alle drei gehen ihrem Beruf nach und sind mit „Hyppsie“ nur in ihrer Freizeit unterwegs auf Hochzeiten, kulturellen Events, Firmenjubiläen oder Anlässen im Grünen. Was sie und ihren Mann antreibt, sind die Begegnungen mit netten Leuten und ihre Leidenschaft für gute Produkte. „Wir haben unser Fahrzeug lieb“, sagt Anna.
Über’n See | www.instagram.com/ubernsee

Lust auf noch mehr Streetfood?

Streetfood Market Dornbirn
25.08., 12 Uhr – 27.08., 18 Uhr
inatura – Erlebnis Naturschau Dornbirn
Jahngasse 9
A-6850 Dornbirn

Streetfood Festival Biberach an der Riß
25.08.–27.08.
Festplatz Gigelberg
D-82178 Biberach an der Riß

Street Food Festival Herisau
22.09.–24.09.
Ebnet
CH-9100 Herisau

Text: Judith Schuck
Foto: Anna Allweier