„Verdummung“ geht ja oft mit „Vereinfachung“ einher: je mehr Technik uns das Leben erleichtert, desto mehr Fertigkeiten – auch geistige – gehen parallel verloren; der alemannische „Simpel“ (zu hochdeutsch „Depp“) kommt nicht zufällig aus der Sprachfamilie der Simplifizierung. In dieser ganz speziellen Familie kommt es auffallend häufig zu krankhafter Intelligenzminderung. 

„Dummheit“ bezeichnet die „mangelhafte Fähigkeit, aus Wahrnehmungen angemessene Schlüsse zu ziehen beziehungsweise zu lernen“. Ein Vorwurf, den vornehmlich Ältere den sogenannt „Jungen“ pauschal machen – übrigens seit der Antike. Wenn der Taschenrechner zum Hirntod des Kopfrechners führt, liegt es nahe, dass auch andere technische – im Sinne von handwerklich – oder kulturtechnische Fertigkeiten mit jedem weiteren Technisierungsschritt ganzer Lebensbereiche zusehends (sic!) verkümmern.

Bislang passiert sowas meist auf Seiten des „Consumers“ oder neudeutsch „Users“: mehr Technik, mehr Verblödung – übrigens altersunabhängig. Doch seit die KI Einzug hält, kann man Verblödung auch auf der „Gegenseite“ ausmachen – wenn man halt noch kann.

So hat sich erst neulich ein Ganzschlauer gedacht, mit KI lässt sich wunderbar eine touristische Seite für den Bodensee aufbauen; weil da gibt’s ja bekanntlich noch nix. Und das funktioniert so: Man nehme einen Server möglichst im Ausland (auch wenn sich herausstellte, das Kerlchen wohnt in Deutschland – übrigens entgegen allen anderen Behauptungen bei KI international ziemlich gut mit dabei). Die schlaue KI klaut sich dann – wie dereinst die plündernden Nomadenvölker – überall alles online automatisiert zusammen, was schön ausschaut und glitzern tut; dann führt man das als Eigenleistung auf einer neuen Seite zusammen, wartet bis das „blöde Fußvolk“ draufgeht und den super Content used und mit der dann KI optimierten Reichweite kommt man an die eigentlichen Schatztruhen, die Milliarden von Werbegeldern, die nur darauf warten, endlich bodenseewirksam gehoben zu werden. Und weil‘s so schlau ist und so einfach geht, sichert man sich halt noch ein paar begehrte Touristik-Domains sonst wo in der Welt. Blöd nur, wenn die KI den neunmalklugen Jungunternehmer nicht davor warnt, einen bestehenden Markennamen ausgerechnet als Bodensee-Domain zu nutzen.

Noch blöder, wenn man dann auf diese schöne Seite das Aufmacherbild anschaut und sich wundert, warum das Konstanzer Münster so auffallend nach Berner ausschaut. „Schnödes Kirchturmdenken“, dachte sich wohl die KI; die auch sonst nicht zimperlich Dinge zusammenklaubt und – sagen wir mal – „kreativ neu arrangiert“.

Wenn also Menschen an etwas dran sitzen, die Bescheid wissen und hier vielleicht die KI sorgsam einsetzen, stimmen auch die Ergebnisse. Drum recherchieren wir immer noch gerne selbst mittels schnödem Humankapital und checken unsere Medienangebote vermittels langjährigharterarbeiteten Knowhows. Nicht immer tech-sexy, nicht immer günstig, nicht immer schnell – aber wer auf Gründlichkeit statt auf Schnelligkeit setzt, weiß unsere Medien denn auch zu schätzen.

Setzt man hingegen ausschließlich auf KI, wird’s schnell ein KO. Oder anders ausgedrückt: Wenn’s SO einfach wäre, könnt’s ja wirklich jeder Simpel machen.  Aber so macht‘s halt einfach nur deppert…

Markus Hotz,
Herausgeber

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Beitragsbild: (c) Mirjam Schultheiß