Die bislang unerkannten und kaum erforschten, abernichtminder dramatischen Nebenwirkungen der Pandemie verursachen vor allem in unserer Region ernst zunehmende Folgeschäden.

Es gibt sie tatsächlich, diese Corona-Lügen, also Dinge, die sich keiner zu sagen traut. Unser unerschrockenes Investigativblättle deckt sie aber schonungslos auf – mal wieder:

Corona-Lüge Nr. 1 (hatten wir ehrlicherweise schonmal, ist dadurch aber nicht unwahrer!): „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!“

Für den einen ist es „auf nächstes Jahr geschoben“, denn „die Karten behalten ihre Gültigkeit“, oder „der/die/das zu ehelichende Partneranteil bleibt dies aller Voraussicht nach auch nächstes Jahr noch, und die Zeremonie ist halt 2021“ und dergleichen Beispiele mehr. Doch für den anderen, mithin den Veranstalter, die Event-Location, den Caterer und die ganze Dienstleistungskette hintendran, ist halt dieses Jahr nix und nächstes Jahr vielleicht. Nix heißt aber einfach: Nix im Jahr 2020. Aufgeschoben ist daher tatsächlich aufgehoben, denn das verschobene Festival hätte nächstes Jahr eh stattgefunden.

Corona-Lüge Nr. 2: „Wir brauchen Kultur. Jetzt. Dringend!“

Ja klar. Nur halt nicht jetzt gerade. Denn wie anders kann man erklären, dass die Veranstalter, die sich tatsächlich aus der (finanziellen) Deckung wagen und etwas veranstalten, in den meisten Fällen auf ihren Karten sitzen bleiben? Das muss man sich mal geben: Da jammert man den armen Kulturanbietern ins Ohr, die sowieso schon maximal Gebeutelten raffen sich auf, holen ihr Team aus der Kurzarbeit, verpfänden ihr letztes Hemd und stürzen sich in Corona(auflagen)-bedingte Mehrkosten bei vorgeschriebener Mindergästezahl, und selbst dieses erlaubt klägliche Häuflein findet sich nicht zusammen? Die Veranstalter bleiben auf ihren Tickets und ihren Kosten und den Scherben ihres wohlgemeinten Engagements sitzen. Die, die lieberwievielleichtimmer mal nix gemacht haben, werden dagegen fast schon belohnt. Aber klar: „der Ruf nach Kultur“, sowas von „lebensnotwendig“. Tja, hat ja keiner gesagt: „Jetztlieberdoch nicht, und Du weißt ja, Corona, echt sorry, sonst gerne immer wieder …“

Corona-Lüge Nr. 3: „Die Investitionen in die Zukunft werden nicht eingeschränkt!“

Äh, ja. Diejenigen halt, die schriftlich fixiert sind. Oder wo schon gebaut wird und ein Stillstand im wahrsten Sinne des Wortes ruinös wäre. Für alles andere gilt: Haushaltssperre, Ausgabenstopp, und auch hier wieder „zwar voll wichtig für die Zukunft, aber echt sorry“. Hat ja auch keiner gesagt, wann diese Zukunft eigentlich beginnen soll. Jetzt, in einem Jahr oder zweien oder vielleicht auch nie mehr …

Corona Lüge Nr. 4: „Das grenzübergreifende Gemeinsame, die internationale Zusammenarbeit ist uns wichtiger denn je, vor allem wo wir doch jetzt schmerzhaft sehen mussten, was geschlossene Grenzen grade hier bedeuten!“

Und in den Zeiten des Lockdowns hat ein jeder für sich erkannt, dass man doch auch im Nahbereich im sogenannten Lokalen ganz gut zurechtkommt, wenn, ja wenn man mal den translokalen oder gar überregionalen und vor allem den internationalen Wettbewerb einfach ignoriert. „Wie? Sie haben keine Rechnungsadresse in der Schweiz? Dann tut uns das jetzt wirklich, wirklich leid. Klar, schon schade, auch weil Sie das ja die vergangenen Jahrzehnte eigentlich auch nicht gebraucht haben, aber Sie wissen ja … Corona!“ Umgekehrt wird daraus übrigens auch ein Schuh: „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“, heißt die vollständige Argumentationskette dazu. Alle überlesen dabei geflissentlich das Wörtchen „wenn“ …

„Lesen bildet eben“ – noch so eine Corona-Lüge. Aber daran glauben Sie ja sowieso nicht, gell?

Markus Hotz, Herausgeber akzent