Weltmusiker Lajos Dudas zählt zu den vielseitigsten Jazzklarinettisten und Komponisten der Gegenwart. Nun hat der 80-jährige Wahl-Überlinger mit dem Album „Lajos Dudas – On the third Stream Path“ sein Lebenswerk um einen weiteren Meilenstein ergänzt.
akzent: „The Lake and the Music“ sollte Ihr letztes Album sein. Nun erscheint „On the third Stream Path“. Was hat es damit auf sich?
Lajos Dudas: In der letzten Zeit habe ich aus lauter Langeweile meine Archivaufnahmen durchgestöbert – vieles hatte ich völlig vergessen. Ich hörte meine Musik und kam in Fahrt. „Hallo“, dachte ich, „da sind doch fantastische Aufnahmen dabei, die müssen veröffentlicht werden!“ Im Gegensatz zum deutlich jazzlastigen „The Lake and the Music“ kommt hier die gesunde Verbindung zwischen Jazz und Klassik an die Oberfläche, der sogenannte Dritte Weg. Und, was wichtig ist, interpretiert durch mich, durch den Komponisten.
akzent: Ein Blick zurück: Wie ging das mit der Musik bei Ihnen los?
Lajos Dudas: Ich war acht Jahre alt. In unserer Wohnung in Budapest stand ein Klavier. Meine Mutter konnte Klavier spielen. Ich war allerdings nicht so richtig begeistert. Eines Tages hörte ich im Radio einen Klarinettisten – den berühmten Artie Shaw. Ich wusste sofort: „Dieses Instrument will ich spielen.“ Ich bekam eine Klarinette vom Trödelmarkt, für umgerechnet etwa 20 Euro.
akzent: Wann haben Sie den Jazz für sich entdeckt?
Lajos Dudas: Ich habe mich von Anfang an zum Jazz hingezogen gefüllt, habe ständig herumimprovisiert. Jazz stand damals noch nicht auf dem Musikschulprogramm. Mein Professor hat mich einmal gefragt: „Du willst Jazz studieren?“ Ich hatte nicht gewusst, dass man Jazz studieren muss. Na, servus … Ich absolvierte also ein fundiertes Klassikstudium am Bela Bartok Konservatorium, kam anschließend, als 17-Jähriger, mit Stipendium an die Franz Liszt Musikakademie in meiner Heimatstadt Budapest.
akzent: Ihr Name klingt wie Musik … hatten Sie je andere berufliche Pläne?
Lajos Dudas: Ich wollte nie etwas anders machen als Musik. Nach der Geburt meiner Tochter nahm ich, nach zehn stressigen Jahren als Freiberufler, eine Stelle als Musikpädagoge in Neuss an. Eine Orchesterstelle hat mich dagegen nie interessiert. Das hätte mich als Jazzmusiker behindert und mir meine musikalische Freiheit genommen.
akzent: Waren Sie gern Musikpädagoge?
Lajos Dudas: Zu unterrichten hat mir meistens Spaß gemacht. Als Ausgleich habe ich regelmäßig Konzerte gespielt. Manch begabter Student hat mich musikalisch gefordert, einige sind richtig gute Spieler geworden, die heute weltweit Engagements haben.
akzent: Obwohl Sie sich stets wandeln und weiterentwickeln, klingen Sie immer wie Sie …
Lajos Dudas: Ich habe bewusst versucht, nicht das zu machen, was alle machen. Immer den für mich so wichtigen Satz von Miles Davis im Ohr: „Wenn du es nicht schaffst, die Musik ein paar Schritte voranzubringen, kannst du vielleicht die Leute unterhalten, aber eine Bedeutung hast du nicht.“ Dazu die Worte eines Kritikers über mich: „… Lajos Dudas ist ein einzigartiges Phänomen, ein Klarinettist, der sich mit niemanden vergleichen lässt.“ Schön, oder?
akzent: Hat Ihnen Ihr Publikum im vergangenen Pandemiejahr gefehlt?
Lajos Dudas: Ganz schrecklich, ja. Ich brauche mein Publikum. Überhaupt und gerade jetzt, wo ich meine Jubiläums-Tour über die Bühne bringen wollte und stattdessen anderthalb Jahre nicht spielen konnte.
akzent: Wie sind Sie vor über 15 Jahren an den Bodensee gekommen?
Lajos Dudas: Als ich meine pädagogische Tätigkeit beendet hatte, überlegte ich, nach Italien auszuwandern, stellte mir aber die Frage: „Wozu? Ziehen wir doch lieber vom Niederrhein in den Süden Deutschlands um.“ Und südlicher als der Bodensee gibt es in Deutschland nicht.
Lajos Dudas – On the third Stream Path: 60 Jahre mit der Klarinette unterwegs – Die Quintessenz des Grandseigneurs der Jazz-Klarinette
VÖ 22.10. bei JazzSick Records
www.el-dudas.de