Wer mit dem Arzt Dr. Christfried Preußler ins Gespräch kommt, merkt schnell, welche Leidenschaft für die Natur in ihm steckt. Schon immer wusste er um ihre Heilkraft. Eine Pflanze hat es ihm jedoch besonders angetan. Eine Pflanze, die ihn schon sein ganzes Leben begleitet. Eine Pflanze, die ihn fasziniert und zahlreiche Ideen bei ihm ausgelöst hat. Jetzt ist sein Buch „Vom Zauber der Iris“ erschienen. Doch das ist noch nicht alles.
„Manchmal eröffnet die Verwirklichung eines Traumes zuvor nicht erahnte Erlebniswelten“, bringt es Christfried Preußler auf den Punkt. Dass ihm die Liebe zur Natur in die Wiege gelegt wurde, ist in der Tat nicht nur eine Floskel. Bereits als Baby wurde er mit dem Kinderwagen durch den prachtvollen Park von Schloss Sanssouci in Potsdam kutschiert, da seine Eltern, beide Gärtner, auf dem nahegelegenen Gelände des großen Staudenzüchters und Gartenphilosophen Karl Foerster lebten. Foerster vertrat bereits Anfang des 20. Jahrhunderts die Ansicht, dass Pflanzen keine Nutzobjekte sind, sondern Individuen, die ihren Lebensbedürfnissen entsprechend gepflanzt werden sollten. Damit war er seiner Zeit rund 100 Jahre voraus – und Christfried Preußler sog diese Philosophie schon als Kind auf. An jeder Pflanze könne man individuelle, teils einzigartige Fähigkeiten wahrnehmen. „Die Iris ist eine Künstlerin im Umgang mit Wasser und in der Fähigkeit, Farben und Düfte zu bilden“, weiß er über die Pflanze, die ihn seit Jahrzenten begleitet.
Schließlich war es denn auch die Verbindung Karl Foersters zu Helen Gräfin von Stein-Zeppelin, die ihn als Kind mit seinen Eltern kurz vor dem Mauerbau nach West-Deutschland brachte. Die Gräfin, Nichte des Luftschiffbauers Graf von Zeppelin, hegte schon als Kind eine Liebe zur Botanik. Als 21-Jährige erbte sie 1926 im südbadischen Laufen eine Gutsgärtnerei und konzentrierte sich auf die Zucht ihrer Lieblingspflanze: der Iris. Die Gräfin erzielte in der Folge auch internationale Erfolge mit ihren Iris-Züchtungen. Bis 1965 war ihr Irisgarten auf stolze 1400 Sorten angewachsen. In dieser traumhaften Umgebung fanden Christfrieds Eltern schließlich ein neues Zuhause und arbeiteten in der Staudengärtnerei der Gräfin. „Irgendwann tauchte ich bewusst in die Wunderwelt der Iris ein und genoss das jährliche Baden zur Blütezeit in Farben und Düften“, erinnert er sich. Bis heute pflegt er die Tradition, die Irisblüte durch einen Besuch in der Gärtnerei Gräfin von Zeppelin im Markgräflerland zwischen Mitte Mai und Anfang Juni zu feiern.
Der Farbkreis
Die Verbindung Christfrieds zur Gräfin war so tief, dass sie ihn nicht ohne eine Handvoll Iris-Rhizome (Wurzelstöcke) nach Freiburg zum Medizinstudium ziehen ließ. Eingepflanzt im Gärtchen seiner 12 Quadratmeter-Studentenbude inspirierte ihn die Farbfülle schon in den 1990er-Jahren zur Idee eines Irisfarbkreises: „Es hat mich seitdem nicht mehr losgelassen.“ Farbkreise sind die systematische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Farbe, die schon Goethe und Newton pflegten und heute beispielsweise in moderner Form in Computern zu finden sind. Die Idee war das eine, sie umzusetzen jedoch eine andere. Der Irisliebhaber lebt seit einigen Jahren in Überlingen. Als die Landesgartenschau für 2020 hier geplant wurde, war für ihn die Zeit reif, sein Irisprojekt zum Leben zu erwecken. Ende 2016 kam es zum Treffen mit Christin Grob, Landschaftsarchitektin und Mitglied der Geschäftsstelle der Landesgartenschau Überlingen. Sein Projekt fand große Zustimmung und das Planungsteam der Landesgartenschau legte den Rosenobelturm, ein alter Wehrturm der Überlinger Wehranlagen, als Standort für den Irisfarbkreis fest. „Die verfügbaren Farben der Irisblüten unterscheiden sich jedoch vom Spektrum der bekannten Farbkreise“, schildert Christfried Preußler das Anfangsproblem. Sein Ziel war es, fließende Übergänge zwischen den Polaritäten Weiß und Schwarz zu schaffen. „Manche Farbübergänge waren eine besondere Herausforderung, auch stand Grün als Blütenfarbe nicht zur Verfügung.“ Herausgekommen ist nach drei Jahren jetzt ein Farbkreis mit 15 Irissorten (davon 12 aus den USA), die die Züchtungsgeschichte der Hohen Bartiris in den vergangenen Jahrzehnten widerspiegeln. Im September 2019 wurden schließlich 500 Iris- und Begleitpflanzen nach den Vorgaben Preußlers oben auf der Plattform des Rosenobelturms gesetzt. Der Überlinger Irisfarbkreis wird bei der – coronabedingt verschobenen – Landesgartenschau erstmals im Frühjahr 2021 zu sehen sein.
Schon gewusst?
Den Namen hat die Pflanze von der Göttin des Regenbogens. Obwohl botanisch nicht direkt mit der Lilie verwandt, wird die „Iris“ hierzulande auch als „Schwertlilie“ bezeichnet. Die Gattung Iris weist rund 300 Arten auf. Der getrocknete Wurzelstock der Iris ist aufgrund ihres Duftes als „Veilchenwurzel“ bekannt und wird heute noch zur Linderung von Zahnungsschmerzen bei Babys verwendet. Aber auch im Gin ist die Veilchenwurzel als sogenanntes Botanical zu finden. Auf Anregung Christfried Preußlers hat Kellermeister Herbert Senft zur Landesgartenschau extra einen Iris Dry Gin kreiert. Ebenso kommt das ätherische Öl der Iris häufig in Parfums, aber auch in der Aromatherapie zum Einsatz. Erst 2017 wurde eine Arbeit veröffentlicht, die eine Schutzwirkung eines wässrigen Irisextrakts bei Morbus Alzheimer feststellte. Diese und noch mehr spannende Informationen sind im Buch „Vom Zauber der Iris“, erschienen im Eigenverlag, nachzulesen.
Foto: Dr. Christfried Preußler, Roswitha Preußler