Die einmalige Stärke der internationalen Bodensee-Region ist gleichzeitig auch ihre größte Schwäche: Vielfalt. Die Herausforderung: immense Möglichkeiten rundherum bei gleichzeitiger Unüberschaubarkeit des Angebots. Die Undurchsichtigkeit ist dabei bürokratisch teils sogar gewünscht, zumindest aber offensiv in Kauf genommen (wenn Schulterzucken als Aktion gilt!)
Uns als akzent-Mitarbeiter*innen und *außen schallt dabei Tag und Nacht jeweils eine Frage entgegen und die ist symptomatisch: „Und? Was gibt es Neues?“ Die Antwort dabei jedesmal gleich süffisant: „So viel, dass wir ganze Magazine und Online-Plattformen quasi täglich damit füllen könnten und zwar in den unterschiedlichsten Rubriken … Ja ja!
Doch nun ist die liebgewonnene Vielfalt zunehmend in Gefahr (und das nicht nur in politischer Hinsicht). Denn in Zeiten sparender Kulturkonsumenten, zurückhaltender Sponsoren und engerer Budgets geht’s bei so mancher Institution ans Eingemachte: Etatkürzungen, Bereichsschließungen (Neudeutsch „Zusammenlegung“), personeller Rückbau – zumindest nicht mehr Neubesetzung, Streichung geplanter Projekte (Neudeutsch „Neuprojektierung“): Im privaten und öffentlichen Kulturbereich geht die Angst um. Selbst Teufelszeug gilt plötzlich als Hoffnungsschimmer: „Könnte evtl. vielleicht der Einsatz von KI einen Effizienzgewinn auch im Kulturbereich ermöglichen?“ Kurz, es geht auf Teufelkommraus einfach ums „Geld sparen?“und zwar spürbar.
Tatsächlich „spürbar“ ist bereits jetzt rundherum: Festivals schließen, Kulturveranstaltungsreihen werden eingedampft oder ganz aufgegeben, Etats werden von politischen Gremien massiv gedeckelt. Der Verteilungskampf tobt. Mal von „oben nach unten“ oder quer durch die Genres. Sport wird lustig gegen Kultur „aufgerechnet“, beides sowieso gegen „das Soziale“ (was bitteschön ist dann Sport und Kultur, wenn nicht sozial?). Im Subventionssumpf liefern sich Klassik gegen Pop, Theater gegen Volkslustspiel und sowieso alle gegen „die Subkultur“ Schlammschlachten.
„Kultursubventionierung versus Volkeswille“ wird insofern hart diskutiert, als vor allem teure, öffentlich unterstützte Klassikveranstaltungen, bei denen jeder der wenigen hundert Sitzplätze immens mit unterstützt werden muss, populären Musikformen gegenübergestellt werden, die zwar zehntausendfach besucht, aber vergleichsweise pro Besucher nicht annähernd so hoch bezuschusst werden.
Bei all dem Gegeneinander gerät dabei das Miteinander völlig aus dem tränengetränkten Auge. Ehrlicherweise war es das noch nie: Warum müssen in Städten und Gemeinden am ganzen See, die lediglich durch nationale oder gar Kantons-, Länder- oder nur Gemeindegrenzen getrennt sind jeweils zwei oder gar drei „ähnlich gelagerte Angebote“ nebeneinander – manchmal sogar gegeneinander bestehen?
Wenn man sich auf den germanischen Ursprung des Wortes Einfalt besinnt, versteht man diese als „Einfachheit“ und nicht als „Dummheit“. Vielleicht müsste man einfach, was zugegebenermaßen alles andere als einfach ist, mal schauen, wo man zusammen mehr erreichen könnte als alleine, vielleicht ist qualitätsgebündelte Einfalt besser als nur mittelmäßig mögliche Vielfalt?! Die Philosophie behauptet nicht von ungefähr schon lange: „Einfalt adelt die Werke aller wahren Genies!“
Genial einfach, oder?