01Naaaa? Grad wieder durch eine der schön beleuchteten Städte irgendwo in der Region flaniert? Die herrlich geschmückten Schaufenster betrachtend, mit einem frisch ausgeschenkten Glühwein in der Hand, sich so rrrrichtig wohlig in weihnachtliche Stimmung gebracht? Genießen Sie es, denn das geht nicht mehr lange.

Sie laufen sozusagen grade durch ein lebendiges Weihnachts-Museum!

In ein paar Jahren schon werden Sie da, wo dereinst Schaufenster waren, an frisch-gemauerten Wohnungsfensterfronten mit wahrscheinlich zugezogenen Vorhängen vorbeiflanieren. Von manchen blinken dann sicher ein paar lustig-bunte Lichterketten aufs trübnasse Innenstadtpflaster. Nur schnell nach Hause. Denn da warten ja schon die bunten Zettelchen der automatisierten Zustelldienste, die Ihren Online-Einkauf in automatisierten Container-Stationen – schickerweise meist stadtteilnah – zur Abholung ankündigen. Wie praktisch.

Als erstes haben die Billig-Ketten die Innenstädte verlassen – zunächst kein großer Verlust. Haben eh nie was beigetragen zur Handelsgemeinschaft vor Ort, sich weder an Weihnachtsbeleuchtung in Einkaufsstraßen beteiligt, noch sonst den Standort bereichert – nur sich selbst.

Als nächstes schließen die höherpreisigen Filialisten, die bis anhin Preistreiber der Handelsmieten in den Top-Lagen waren. Durch geschicktes Marketing haben sie es ohnehin verstanden, den Kunden über den Shop vollends ins Netz „auf ihre Seite“ zu ziehen. Ist ja soooo bequem die Sachen im halbvirtuellen-Erlebnisshop zu bestellen oder dorthin liefern zu lassen und anzuprobieren oder sogar die Wahl zu haben, es gleich nach Hause liefern zu lassen.

Ganz zum Schluss haben übrigens auch die inhabergeführten Fachgeschäfte in x-ter Generation kapituliert, denen die Immobilie noch selbst gehört. Die hielten es am längsten aus – waren ja auch die, denen man hinter vorgehaltener Hand immer schon neidvoll attestiert hatte, sich sowieso nur die Taschen vollzumachen.

Gehobene Gastronomie, individuelle Cafés und nette Restaurants sind übrigens parallel sukzessive mit(ein)gegangen. Wenn keiner mehr die einstmals hochfrequenten Einkaufslagen nutzen mag, sinkt halt auch die Gästezahl in den sowieso zunehmend austauschbar-schicken Coffee-Shops. So wie übrigens Ärzte und Anwaltspraxen in den oberen Hausetagen der Innenstädte von Parkplätzen und der Attraktivität der Cities profitiert haben – ohne sich jemals selbst an diesen zugegebenermaßen anstrengenden A(ttra)ktivierungsmaßnahmen der meist inhabergeführten Fachhändler beteiligt zu haben – hielten es ja auch die meisten City-Gastronomen Jahrzehnte im Windschatten des Handels lange genug aus. (Schön) blöd, wenn der Wind dann abflaut …

Markus Hotz, Herausgeber

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