Auch als Beitrag zur Belebung der touristischen Wintersaison lässt sich die Region mittlerweile historisch „erfahren“.
Neben Katamaran und Fähre, die ganzjährig stoisch ihre Bahnen ziehen, mischt sich immer mal wieder die edle Silhouette des einzigen Art-Déco-Schiffes auf unserem großen Teich. Das Museumsschiff „MS Oesterreich“ wurde 1926 nicht nur mondän und teuer ausgestattet, sondern war auch beheizbar, damit es den Hochwohlgeborenen auch in der Sommerfrische niemals zu kühl wurde. Ein weitsichtiger Umstand, der heute dafür sorgt, dass das Schiff ab dem österreichischen Hardt auch in winterlicher Eiseskälte den See durchpflügt. Gourmetfahrten, Sternfahrten, Käptns Dinner, Musik- oder Wiener Caféhaus-Events auf offenem See sind darum ganzjährig möglich und – Klimaerwärmung sei Dank – werden durch keine Seegfrörne mehr verunmöglicht (für Zugezogene: 1963 war zum letzten Mal der gesamte See meterdick zugefroren).
Apropos „Seegfrörne“: Unter diesem Label organisiert das deutsche „Oldtimerland Bodensee“ von Hilmar Wörnle seit Jahren eine winterliche Ausfahrt um die große Pfütze mit Old- und Youngtimern. Manche Gemeinden und Städte unterstützen ihn bei dieser Rundumfahrt – die meisten ducken sich allerdings weg. Da bleibt‘s bei fremdenverkehrspolitischen Schönwetter-Reden (sic!) mit Beschwichtigungsformeln, die alle in etwa so lauten: „Wir arbeiten an Konzepten für die Saisonverlängerung über den Sommer hinaus.“ Stimmt schon. Allerdings sind manche bereits im „Tun“ angelangt und schwadronieren nicht nur über „Konzepte“. Hotelneubauten werden allerorten forciert und verlangen auch im Winter nach Auslastung. Daran hängen wiederum Arbeitsplätze – bislang meist noch ganzjährige. Doch in den Rathäusern herrscht nach wie vor national, kantonal und bundeslandgeprägtes Kirchturmdenken. Die steigende Übernachtungszahl wird jeweils als Monstranz des „eigenen Erfolges“ vor sich hergetragen – dabei ist diese weder gleichmäßig übers Jahr verteilt, noch wesentlich durch staatliche Maßnahmen befördert, sondern schlicht der Privatwirtschaft zu verdanken, die neue Betten schafft. Immerhin das Zusammenzählen dieser übernehmen die Statistiker gerne, macht sich doch die jährliche Steigerungsrate ach so gut.
Dass historische Mobilität in der „Nebensaison“ von Bahnhof zu Bahnhof ebenso funktioniert, zeigen die Initiativen des Schweizers Roli Widmer. Nicht nur Oldtimerbesitzer sind hier die Zielgruppe, vielmehr sollen „alle Menschen“ in den Genuss kommen können. Darum sind historische Schiffe, Busse und Züge eine Herzensangelegenheit für den „Arboner des Jahres“. Seit Jahren bosselt er daran, mit Wegbegleitern möglichst häufig historische Genuss- und Erlebnisfahrten auf die Schiene zu bringen – zuletzt erfolgreich im November, die nächsten sind zweijährig jetzt im Mai geplant, außerdem wieder im Winter (für Dampfliebhaber mit historischer Lok, für Klimasensible gäbe es auch historische E-Lokfahrten).
Mal sehen, wann die ersten Touristiker aktiv und nachhaltig aufspringen werden. Der erste Pfiff war schon zu hören …
Markus Hotz, Herausgeber
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