Nachhaltigkeit in der Region Bodensee-Allgäu-Oberschwaben zu fördern, Menschen dafür zu begeistern, selbst Initiative zu ergreifen und Verantwortung zu übernehmen – das sind Ziele die sich der gemeinnützige Verein „wirundjetzt“ mit Sitz in Bermatingen gesetzt hat.
Simon Neitzel ist selbständiger Demeter Gemüsegärtner, Mitbegründer und Vorsitzender von „wirundjetzt“. Im Interview mit Susi Donner erzählt der 43-Jährige, weshalb das, was sie tun, so wichtig ist.
Herr Neitzel, warum haben Sie „wirundjetzt“ gegründet?
Simon Neitzel: Ich war zwei Jahre lang in der Anti-Gentechnikbewegung aktiv und habe dabei festgestellt, dass etwas gehörig schiefläuft in der globalen Welt. In dieser Zeit habe ich viel Ärger, Enttäuschung und Resignation meiner Mitstreiter erlebt, weil sie in dieser Szene seit Jahrzehnten gegen etwas kämpfen.
Und dennoch wollten Sie mitkämpfen?
Simon Neitzel: Ich wollte eben nicht gegen etwas kämpfen. Ich wollte etwas Positives kreieren. Das war meine Initialzündung, mich mehr zu engagieren und nach Menschen zu suchen, die diesen Wunsch ebenfalls in sich tragen und die Lust haben, gemeinsam etwas für die Gemeinschaft zu tun. Das war einer der Impulse für die Gründung des Vereins.

Und diese Menschen haben Sie gefunden?
Simon Neitzel: Ja, und wir lernen immer mehr großartige Menschen, Projekte und Netzwerke kennen. Das ist wichtig. Wir kommen nicht weiter, wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Wir bauen auf Kooperation statt Konkurrenz – dieser zentrale Pfeiler der Gemeinwohl-Ökonomie treibt auch unseren Verein immer wieder an.
Was sind die Ziele von „wirundjetzt“?
Simon Neitzel: Unsere Vision ist, Gemeinsamkeiten zu stärken und Brücken zu bauen in dem Bewusstsein, dass jede unserer Entscheidungen und Handlungen dem Wohle der Erde, der Menschen und ihrer positiven Entwicklung dienen kann. „wirundjetzt“ soll Basis sein für Menschen, die sich für eine menschliche, friedliche und gerechte Zukunft auf der Welt, ohne Hunger, Armut und Leid, in Harmonie mit der Natur, engagieren wollen.
Das hört sich nach Aufbruchstimmung an …
Simon Neitzel: Ja. Es passiert gerade etwas in der Gesellschaft. Durch die Fridays for Future-Bewegung ist Hoffnung entstanden. Kinder und Jugendliche sprechen aus, was viele denken. Viele schließen sich an, sagen, so geht es nicht weiter, da stimmt was nicht. Zu viel Kapitalismus. Zu viel Wachstum ohne Grenzen. Zu wenig Liebe und Empathie.

Glauben Sie daran, wirklich etwas verändern zu können?
Simon Neitzel: Ja, und es werden immer mehr, die sich aufmachen, weil sie schon immer an eine bessere Welt geglaubt haben. Diesen Menschen gibt der Verein eine Plattform, sich an etwas zu beteiligen, das Sinn macht und dem Gemeinwohl dient. Gerade in der momentanen Zeit des Wandels und der Umbrüche in Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt und Politik wollen wir Alternativen aufzeigen und Mut machen. Wollen gemeinsam aktiv sein – in guter Kommunikation, Wertschätzung und Dankbarkeit.
Wie wollen Sie das konkret erreichen?
Simon Neitzel: Wir informieren über Nachhaltigkeits-Themen, vernetzen unterschiedliche Organisationen, Vereine, Unternehmen und die Politik miteinander. Wir wissen, dass wir den gesellschaftlichen Wandel nicht allein herbeiführen können. Jeder einzelne Mensch hat seinen speziellen Blickwinkel, besondere Talente und Fähigkeiten. Wir schaffen Räume, in denen Menschen sich mitteilen und einbringen können, stellen neue Verbindungen her, fördern den Dialog und die Zusammenarbeit, unterstützen Eigeninitiative in kleineren Projekten und Bürgerinitiativen.
wirundjetzt Filmdreh: Sarina Gisa, Simon Neitzel, Tobias Kieferle by Tobias Döhner wirundjetzt Bürgerkarte Lehenhof: by Tobias Döhner
Was sind die wichtigsten Projekte des Vereins?
Simon Neitzel: Momentan sind es fünf Projekte, die uns besonders am Herzen liegen: Der Paradiesgarten in Lellwangen. Das ist ein Gemeinschaftsgarten, den wir seit April 2020 initiieren. Wir sind Träger der Bürgerkarte in der Region Bodensee-Oberschwaben, mit der Vereine und Bürgerprojekte finanziell stark gemacht, regionale Wirtschaftsstrukturen gestärkt, Transportwege reduziert werden und die Umwelt geschont wird. Die Mitmach-Konferenz, ein Bürgerbeteiligungsformat zur gemeinsamen nachhaltigen Gestaltung der Region. Außerdem sind wir an der Gemeinwohlbewegung am Bodensee beteiligt, die für ein gutes Leben für alle steht. Und zu guter Letzt unterstützen wir die Gründung der Regionalwert AG Bodensee-Oberschwaben.
Wie können sich Interessierte an „hierundjetzt“ beteiligen?
Simon Neitzel: Ganz einfach: Mit uns Kontakt aufnehmen, Mitglied werden. Es gibt so viel zu tun. Machen statt meckern!
Vereine und Initiativen, die es lohnt, sich anzuschauen
www.wirundjetzt.org
www.buergerkarte-bodensee-oberschwaben.de
www.mitmach-konferenz.org
www.ecogood.org
www.gemeinwohlregion.org
www.regionalwert-ag-bo.de
Beitragsbild: wirundjetzt Bürgerkarte : Sarina Gisa, Simon Neitzel zur Bürgerkarte by Tobias Döhner